Statue der Gottesmutter
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1. Adventsonntag (01.12.2013)

Das lateinische Wort „adventus“ lässt sich mit Ankunft übersetzen. Die Adventzeit ist eine Zeit des Wartens, eine Zeit der Wachsamkeit des Herzens, eine Zeit, um diese Herzenshaltungen einzuüben. „Darum haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.“, hören wir im Evangelium des 1. Adventsonntags.

Bereits das erste Kommen Jesu in diese Welt kam für viele Juden wie auch Heiden überraschend. Jene, die ihn zwar erwarteten, aber ihr Herz für Christus nicht bereitet hatten, erkannten Jesus nicht, wie es der Evangelist Johannes bedauernd in seinem Prolog festhielt: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ (Joh 1,11)

Viele Menschen der damaligen Zeit waren auf die Ankunft des Messias nicht vorbereitet, und auch selbst jene, die ihm nachfolgten, konnten sein Wort und seine Lehre nicht ertragen: „Was er sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören?“ (Joh 6,60)

Das zweifache Kommen Christi

Am Weihnachtsfest werden wir uns an die Geburt des Heilands erinnern, jetzt aber dürfen wir uns erneut bewusst auf den Weg machen, und dem, der kommen wird, entgegengehen. Schon Bernhard von Clairvaux sprach vom zweifachen Kommen Christi: „Es ist recht, …, das Kommen des Herrn mit allem frommen Eifer zu feiern; so sehr erfreuen wir uns seines Trostes…, und so sehr brennt in uns Liebe zu ihm. Denkt dabei aber nicht nur an seine erste Ankunft, – als er kam, um »zu suchen und zu retten, was verloren ist« (Lk 19,10) –, denkt auch daran, dass er wiederkommen wird, um uns mit sich zu nehmen. Ich würde euch gerne damit beschäftigt sehen, über dieses zweifache Kommen nachzudenken… »euch auszuruhen zwischen den beiden Hürden« (Ps 67,14); denn es sind die beiden Arme des Gemahls, in denen die Gemahlin des Hohenliedes ruhte: »Seine Linke liegt unter meinem Kopf, seine Rechte umfängt mich« (2,6)…“

Das dritte Kommen Christi ist geheim

Der große Zisterziensermönch geht in seinen Überlegungen noch einen Schritt weiter, wenn er von einem dritten Kommen spricht, „das zwischen diesen beiden liegt.“ Wer davon wisse, könne sich dort ausruhen und noch größeres Glück empfinden. Während die Ankunft des Herrn in den ersten beiden Kommen sichtbar sind, bleibt sein drittes Kommen unsichtbar: „Beim ersten Kommen »erschien der Herr auf der Erde und hielt sich unter den Menschen auf« (Bar 3,38)…;  beim letzten »werden alle Menschen das Heil sehen, das von Gott kommt« (Lk 3,6; Jes 40,5)… Das Kommen dazwischen ist geheim; da sehen nur die Erwählten den Retter in sich selbst, und da werden ihre Seelen gerettet. Bei seinem ersten Kommen erschien der Herr in unserem Fleisch und in unserer Schwachheit, beim zweiten kommt er im Geist und in Kraft; beim letzten kommt er in Glorie und Majestät. Die Glorie erreicht man jedoch durch die Kraft der Tugenden, so wie es der Psalmist ausdrückt: »Der Herr der Heerscharen, er ist der König der Herrlichkeit« (24,10), und im gleichen Buch: »Um deine Macht und Herrlichkeit zu sehen« (63,3). Das zweite Kommen ist also gleichsam der Verbindungsweg, der vom ersten zum letzten Kommen führt. Im ersten war Christus unsere Erlösung; im letzten wird er als unser Leben erscheinen; im Kommen dazwischen ist er unsere Ruhe und unser Trost.“

Auf die Ankunft Gottes in unserem Herzen warten wir ein ganzes Leben lang. Es ist das Warten der klugen Jungfrauen, von denen uns Jesus spricht: „Mitten in der Nacht aber hörte man plötzlich laute Rufe: Der Bräutigam kommt! Geht ihm entgegen! Da standen die Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen zurecht.“ (vgl. Mt 25,1-13) Jetzt ist die Zeit, unsere Lampen zurechtzumachen, sie mit dem Öl der guten Werke zu füllen und mit der Glut des liebenden Herzens zu entzünden.

Seid also wachsam

Darum ist der Advent, wie auch unser Lebensadvent, eine Zeit der beständigen Umkehr, der Ausrichtung unseres Lebens auf Gott hin. „Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.“, ruft uns Jesus, der Bräutigam unserer Seele, zu. (Mt 25,13) Nur soviel wissen wir: Mitten in der Nacht werden wir den Ruf vernehmen. Das heißt: Dann, wenn wir den Bräutigam am wenigsten erwarten. Doch wer seine Lampen gefüllt hat, kann dieser Stunde gelassen entgegensehen: Wenn wir auch schlafen, so ist unser Herz doch wach (vgl. Hld 5,2), weil wir den Herrn voll Sehnsucht erwarten: „Marána tha! Unser Herr, komm!“ (1 Kor 16,22)