Statue der Gottesmutter
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1. Andacht zur Schmerzhaften Mutter (28.02.2014)

Mit dem letzten Freitag vor der Fastenzeit beginnen die Schmerzhafte-Mutter-Andachten, die in unserem Haus zum traditionellen Gebetsleben unserer Gemeinschaft gehören.

Jeweils ein Geheimnis vom Sieben-Schmerzen-Rosenkranz prägt jede dieser Andachten an den sieben Freitagen vor der Karwoche. Die erste Andacht lädt zur Betrachtung des ersten Geheimnisses ein:

Den du, o Jungfrau, mit Schmerzen im Tempel vor Simeon aufgeopfert hast.

Der heutige Betrachtungspunkt wurde von einem unbekannten Verfasser in poetischer Form zum Fest Maria Reinigung in einem alten Gedicht zum Ausdruck gebracht:

Wo eilt ihr hin im raschen Jugendgange,
o greise Anna, greiser Simeon?
„Zum Heiland, welchen wir ersehnt so lange,
er kömmt zum Tempel jetzt, zu Gottes Thron.“

Und sieh! Da bringt in demuthsvollem Drange
die Mutter Gottes Gottes ersten Sohn,
erniedrigt sich zu andrer Weiber Range,
obwohl der Weiber Schuld vor ihr entfloh’n.

Und wie sie mit dem Turteltaubenpaar
den Sohn, ihr eigen Herz bringt opfernd dar,
macht ihr des Greisen Mund dies Opfer klar.

„Dies Licht der Welt ist zum Panier gewährt,
dem Widerspruch die Finsternis erklärt:
Dein eigen Mutterherz durchdringt das Schwert.“

„Die Menschwerdung Gottes ist ein tiefes Geheimnis! Doch der Grund all dessen ist die Liebe Gottes – eine Liebe, die Gnade, Großzügigkeit, Wunsch nach Nähe ist und die nicht zögert, sich für die geliebten Geschöpfe hinzugeben und zu opfern. Liebe bedeutet, das Schicksal des Geliebten voll und ganz zu teilen.“ (Fastenbotschaft 2014)

Man darf gewiss davon ausgehen, dass, wie es oben heißt, Maria mit ihrem Sohn ihr eigenes Herz dem Vater angeboten und geopfert hat, sind doch Mutter und Sohn nicht von einander zu trennen. Das Opfer schließt die Liebe und den Schmerz mit ein. Aber man opfert nicht um des Schmerzes willen, sondern um der Liebe willen. Der Schmerz ist lediglich Folge und Ausdruck tiefer Liebe. Das wird auf Kalvaria ganz deutlich, wenn wir uns fragen, wer mit Jesus gelitten hat. Es waren jene, die zur Liebe fähig waren, nicht aber die Spötter, die Schergen, die ihr grausames Werk verrichteten. Einzig die Liebe macht uns wahrhaft leidens- und opferfähig. Es sind die reinen Herzen, die befähigt sind, sich ausnahmslos für das Heil der Menschheit zu opfern. So ist es geradezu bezeichnend, dass der Gottesmutter am Tag des Ritus ihrer Reinigung und der Darbringung ihres Sohnes vom greisen Simeon bestätigt wurde, dass Gott auch ihre Hingabe angenommen hatte: „Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen.“ (Lk 2,35) Aus diesem Schwert wurde später das Siebenfache Schwert, in dessen Symbol die sieben Schmerzen der Gottesmutter eingeflochten wurden.

Der Schmerz der Opferung ist der erste Schmerz, den Maria für uns ertrug

Sie musste ihren Sohn loslassen, ihn ganz dem Vater im Himmel und dessen Willen überantworten. Durch die Botschaft des Engels war ihr bewusst, dass sie den Messias geboren hatte. Als gläubige Jüdin kannte sie die Worte Jesajas über den Messias, den Gottesknecht, der die Vielen gerecht machen wird. Wenn auch nicht konkret, so erahnte sie dennoch, welchem Leiden ihr Kind entgegen ging. Mit der Opferung ihres Sohnes erfüllte sie nicht nur eine Pflicht der jüdischen Tradition, vielmehr stimmte sie damit dem Willen Gottes zu und nahm zugleich ihren eigenen Willen vollkommen zurück, damit Gott sein Werk mit, in und durch seinen Sohn vollbringen konnte. Demut und Liebe heiligen das Opfer, machen es kraftvoll und fruchtbar. Von dieser Fruchtbarkeit des Opfers Mariens leben wir heute. Als wahre Mutter hat sie uns durch Jesus das nie endende Leben geschenkt. Ihr ruhmreiches Ja zu jedem Opfer, das ihr als Miterlöserin abverlangt wurde, klingt durch alle Zeiten und zieht die Spur des Lebens nach sich.

Wie Maria sind auch wir von Zeit zu Zeit gerufen, Gott – so wie wir ihn im Augenblick kennen – loszulassen, um ihn neu zu entdecken. Im geistlichen Leben sind unsere Gottesbilder oftmals die größten Stolpersteine, denn nur allzu leicht klammern wir uns an Bilder oder Vorstellungen, die wir uns von unserem Schöpfer gemacht haben. Gott aber lässt uns nicht bei unserer geringen Erkenntnis seiner selbst stehen. Er führt uns Schritt für Schritt tiefer in das Wesen seiner Gottheit ein. In dem Maße aber, in dem der Heilige Geist unseren Geist und unsere Seele formt und erleuchtet, veraltet das Erkannte und wir müssen es dankbar in die Hände Gottes zurücklegen, damit wir bereit sind Größeres anzunehmen. Des Weiteren bedarf es des Strebens nach Offenheit, die uns erlaubt, Christus dort zu erkennen, wo wir ihn vielleicht nicht vermuten würden.

Viele Jahre hat Simeon auf den Messias gewartet. Bestimmt hatte auch er sich ein Bild davon gemacht, wie sich die Verheißung, den Messias vor seinem Tod noch zu sehen, an ihm erfüllen wird. Aber ob er daran gedacht hatte, dass der erwartete Retter als kleines Baby zu ihm kommen würde? Simeon erkannte Christus in diesem Kind, weil er sich nicht auf seine Vorstellungen hinsichtlich dieser Begegnung fixiert hatte. Er blieb offen für den Heiligen Geist und konnte sich auf diese Weise ganz auf Gott einlassen. Hingabe, Loslassen, Opferbereitschaft und Offenheit für Gottes Geist und Wirken in unserem Leben, das alles können wir von Maria und Simeon lernen, um in der Liebe zu Gott und den Menschen zu wachsen und an den schweren Stunden unseres Lebens zu reifen.