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1. Fastensonntag – Invocabit (17.02.2013)

Bei der lateinischen Benennung der Fastensonntage handelt es sich um den Schlüsselbegriff des Eröffnungsverses der Eucharistiefeier des jeweiligen Tages.

Am 1. Fastensonntag lautet der Introitus:

„Invocabit me, et ego exaudiam eum“.

Es handelt sich um den Psalm 91,15, in dem es heißt: „Wenn er mich anruft, dann will ich ihn erhören.“

Im Evangelium wird uns zu Beginn der Fastenzeit die Versuchung Jesu in der Wüste ins Gedächtnis gerufen. In den ersten Versen des heutigen Evangeliums berichtet Lukas (4,1ff):

„Erfüllt vom Heiligen Geist, verließ Jesus die Jordangegend. Darauf führte ihn der Geist vierzig Tage lang in der Wüste umher, und dabei wurde Jesus vom Teufel in Versuchung geführt. Die ganze Zeit über aß er nichts; als aber die vierzig Tage vorüber waren, hatte er Hunger.“

Der letzte Satz mutet etwas sonderbar an und der erste Gedanke, der sich aufdrängt, ist: Natürlich hatte er Hunger, wenn er nichts gegessen hat. Aber: Vierzig Tage hatte Jesus gefastet – und keinen Hunger gehabt. Das ist nicht normal, nicht natürlich. Wer könnte vierzig Tage lang nichts essen? Und dabei obendrein keinen Hunger verspüren? Warum war das bei Jesus anders?

Er war erfüllt vom Heiligen Geist. Seine Seele und sein Geist waren gesättigt mit der Liebe Gottes. Er hatte Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist. Und dieser führte ihn in der Wüste umher. Jesus blieb also nicht an einem Ort. Er war getrieben vom Geist Gottes. Unweigerlich denkt man an den Gebetsvers: „Treibe mich, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges tue.“, der dem heiligen Augustinus zugeschrieben wird.

Als die vierzig Tage um waren, hatte Jesus Hunger.

Der Evangelist sagt jedoch nicht, dass Jesus schwach war. Nein, denn erfüllt vom Geist Gottes wurde Jesus stark – an Seele, Geist und Leib. Gewiss hat der Heilige Geist Jesus auch an Orte der Ruhe gebracht. Orte, an denen er sich dem Vater hingeben konnte. Das Buch Deuteronomium versichert: „Du wirst den Herrn, deinen Gott, finden, wenn du dich mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele um ihn bemühst.“ (vgl. Dtn 4,29) Jesus hat seinen Vater im Himmel gesucht, mit ganzer Seele, um seinen Willen zu erfahren, damit er ihn auch erfüllen kann. „Wenn er mich anruft, dann will ich ihn erhören.“, sagte der Psalmist. So war es der Ruf Jesu, der den Vater herabgezogen hat, um mit seinem Sohn Zwiesprache zu halten. Die Liebe des Vaters und des Heiligen Geistes machten Jesus stark und fähig, seine messianische Sendung anzutreten. Vierzig Tage und Nächte verbrachte Jesus in dieser tiefen mystischen Vereinigung mit dem Vater und dem Heiligen Geist. „Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit (Koh 3,1)“, sagte Kohelet und nannte unter anderem auch „eine Zeit zum Umarmen und eine Zeit, die Umarmung zu lösen.“ (Koh 3,5b) Und diese Zeit war nach vierzig langen Tagen gekommen. Und mit dem Anbruch einer neuen Zeit im Leben Jesu, kam die Zeit der Versuchung. „Wir haben im Evangelium gelesen“, schreibt Augustinus, „dass unser Herr Jesus Christus in der Wüste vom Teufel versucht wurde.

Christus wurde vom Teufel versucht.

In Christus wurdest nämlich du versucht, weil er Fleisch von dir hatte und dir Heil von sich schenkt. Von dir hatte er für sich den Tod, für dich von sich das Leben; von dir hatte er für sich die Beschimpfungen, von sich für dich die Ehre; so auch von dir für sich die Versuchungen, von sich für dich den Sieg.“ Augustinus machte auch klar, dass unser Leben auf dieser Pilgerschaft nicht ohne Anfechtung sein kann, „denn unser Fortschreiten braucht die Anfechtung. Niemand erkennt sich selbst, der nicht versucht wurde. Keiner wird gekrönt, wenn er nicht siegt. Er kann nicht siegen, wenn er nicht kämpft, und er kann nicht kämpfen, wenn er keinen Feind und keine Anfechtung hat.“

Das heutige Evangelium schließt mit den trostvollen Worten: „Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel für eine gewisse Zeit von ihm ab.“ (Lk 4,13) Und wiederum dürfen wir vertrauen: Alles hat seine Zeit. Und am Ende der Zeiten wird Christus wieder kommen in Herrlichkeit. Auch wir werden immer wieder aufs Neue versucht und dürfen darauf vertrauen, dass wir nicht über unsere Kraft versucht werden. Allerdings ist es notwendig, dem Beispiel Jesu folgend, gerade in Zeiten der geistlichen Dürre und Trockenheit die Gemeinschaft mit dem Dreifaltigen Gott zu suchen. Der Herr sprach zu Jeremia (29,12ff) und durch diesen Propheten auch zu uns: „Sucht ihr mich, so findet ihr mich. Wenn ihr mich ruft, wenn ihr kommt und zu mir betet, so erhöre ich euch. Sucht ihr mich, so findet ihr mich. Wenn ihr von ganzem Herzen nach mir fragt, lasse ich mich von euch finden - Spruch des Herrn.“ Asarja sprach dieselbe Verheißung aus und fügte die mahnenden Worte hinzu: „Wenn ihr ihn aber verlasst, verlässt er euch.“ (Chr 15,2) Deshalb ist es gut, mit dem heiligen Augustinus zu beten:

„Atme in mir, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges denke.
Treibe mich, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges tue.
Locke mich, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges liebe.
Stärke mich, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges hüte.
Hüte mich, du Heiliger Geist, dass ich das Heilige nimmer verliere.“

Lassen wir uns vom Heiligen Geist durch die Wüsten unseres Lebens treiben, damit wir letzten Endes nicht vom Feind getrieben und gesteuert werden. Lassen wir uns vom Geist Gottes stärken, damit wir den Versuchungen des Widersachers kraftvoll entgegentreten können.