Statue der Gottesmutter
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1. Fastensonntag (09.03.2014)

Zu Beginn der Fastenzeit gehen wir gedanklich mit Jesus in die Wüste und betrachten, wie er vom Teufel in Versuchung geführt wird. Durch die Überlieferung im Matthäusevangelium zeigt uns der Herr, wie wir unbeschadet aus diesen hervorgehen können. Bemerkenswert ist, dass sowohl Satan als auch Jesus Worte aus dem Alten Testament verwenden. Während „der Vater der Lüge von Anbeginn“ das Wort Gottes dazu benutzt, um die Wahrheit mit heiligen Worten zu verdrehen, verwendet Jesus die Schriftworte, um die falsche Vorstellung vom göttlichen Auftrag zum rechten Verständnis zurückzuführen.

„Wenn wir aufmerksam verfolgen, wie die Versuchung des Herrn vor sich ging“, meinte Papst Gregor der Große in einer Homilie, „können wir ermessen, in welchem Ausmaß wir von der Versuchung befreit worden sind. Der Feind »von Anfang an« trat dem ersten Menschen, unserem Urahn, mit drei Arten von Versuchung entgegen: er bediente sich der Essgier, der Ruhmgier und der Habgier… Auf die Wirkung der Essgier setzte er, als er ihm die verbotene Frucht zeigte und ihn überredete, davon zu essen. Der Ruhmgier bediente er sich, als er sagte: »Ihr werdet wie Gott« (Gen 3,5). Und mit der Habgier rechnete er, als er versprach: »Ihr erkennt Gut und Böse«. Denn Habgier gilt nicht nur dem Geld, sondern auch den Ehrenbezeigungen… Als er aber den zweiten Adam versuchte, führte das gleiche Vergehen, das den ersten Menschen hatte zu Fall bringen können, zur Niederlage des Teufels.

Er rechnete mit der Essgier, als er forderte: »Befiehl, dass aus diesen Steinen Brot wird!« Auf die Ruhmgier setzte er mit den Worten: »Wenn du Gottes Sohn bist, so stürze dich hinab«. Und der Habgier wollte er sich bedienen, als er ihm alle Reiche der Welt zeigte und ihm zu verstehen gab: »Das alles will ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest«… So nahm der zweite Adam den Teufel gefangen. Er vertreibt ihn aus unseren Herzen auf dem gleichen Weg, auf dem er ihm den Zugang zu ihnen und seine Macht über sie gestattet hat.

Bei der Versuchung des Herrn müssen wir ein weiteres bedenken…: Er hätte seinen Versucher in den Abgrund stürzen können, hat aber seine persönliche Macht nicht offenbart; er beschränkte sich darauf, dem Teufel mit Anweisungen der Heiligen Schrift zu begegnen. Das tat er, um uns mit seiner Geduld ein Beispiel zu geben und uns anzuleiten, mehr auf Belehrung als auf Rache zu setzen… Erkennt, wie groß die Geduld Gottes ist, und wie groß unsere Ungeduld! Wir werden bereits wütend, wenn uns Ungerechtigkeit oder Beleidigung trifft…; der Herr aber ertrug die Feindseligkeit des Teufels und antwortete ihm nur mit milden Worten.“

Ein uns immer wieder neu belehrendes Sprichwort lautet: „In der Ruhe liegt die Kraft.“ Jesus hat jene Ruhe bewahrt, die dem Menschen Kraft und Besonnenheit verleiht. Jesus, die Demut in Person, verlangte nicht nach Ansehen. Eitelkeit war ihm fremd. Er musste nicht mit Wissen auftrumpfen, um sich stark zu fühlen, er verlangte nicht nach Ehre und Ruhm. Es genügte ihm, dass Gott alle Ehre zukam. Zu Beginn seiner Sendung war ihm schon bewusst, was er am Ende seines Weges vor Pilatus bezeugte: „Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.“ Jesus war in seinem ganzen Wesen bescheiden. Und hierin ist seine ganze Größe erkennbar: Er kann die Ehre anderen überlassen. Seine Genugtuung ist es, den Willen des Vaters zu tun und für die Wahrheit Zeugnis abzulegen. Mehr bedarf es nicht, um als Mensch groß vor Gott zu sein. Jesus wusste, dass seine Erhabenheit als Mensch nicht aus sich selbst, aus seiner Menschheit, stammte, sondern dass sie ihm von Gott gegeben war.

Als Gott konnte er nicht versucht werden, denn Gott kann sich nicht gegen sich selbst auflehnen. Aber als Mensch aus Fleisch und Blut war er anfechtbar, denn er erfuhr trotz seiner Unversehrtheit seine menschliche Schwäche, die in der Freiheit des Menschen begründet ist. Freiheit, dieses unsagbare Gut, kann dem Menschen zum Fluch werden. Und zwar in dem Moment und in dem Maß, in dem er die Freiheit verwendet, um sich gegen Gott zu stellen, in der fälschlichen Meinung, dadurch wahrhaft frei zu sein. Freiheit ist aber nur in Gott, dem Unendlichen, zu finden. Von dieser Wahrheit geleitet, konnte Jesus den trügerischen Worten Satans widerstehen. Freiheit ist Leben, das wir nur in ihm, dem Lebendigen finden können.