Statue der Gottesmutter
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100. Abend der Barmherzigkeit in Vorau (05.10.2018)

Am 4. Juni 2010 haben wir mit den „Misericordia“-Abenden der Barmherzigkeit in der Vorauer Spitalskapelle begonnen.

Am heutigen Herz-Jesu-Freitag hat Pater Bruno Meusburger COp, Domvikar von Eisenstadt, mit uns die Heilige Messe gefeiert. Hier seine Predigt:

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Hörerfamilie!

„Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben“

Als Jesus am Kreuz gehangen hat, ihm das Herz durchbohrt worden ist, ist sichtbar geworden, das Innerste Gottes ist wirklich ausgeflossen, das Innerste des Herzens Gottes. Ein Strom von Liebe, ein Strom von Erbarmen, von Heilung und Vergebung. Blut und Wasser aus dem Herzen Jesu, und genau das wollte Jesus auch Schwester Faustyna zeigen, wo er sich ihr geoffenbart hat, immer wieder. Er, der Auferstandene, aus dessen Herzen diese beiden Strahlen dringen. Der helle, durchsichtige Strahl und der blutige Strahl. Der helle Strahl, der die Reinigung zum Ausdruck bringt, die uns gegeben wird durch die Sakramente, speziell die Taufe, auch in der heiligen Beichte. Der rote Strahl ist das Leben, das er uns schenkt. Jesus schenkt uns das Leben, sein eigenes Leben. Er will, dass der Mensch eintaucht in das Herz Gottes, rein wird und neues Leben empfängt. Das Leben als neuer Mensch, als neue Schöpfung. Das ist uns allen geschenkt worden in der heiligen Taufe. Es ist ein unglaubliches Geschenk, das uns damals zu Teil geworden ist.

Im Epheserbrief heißt es heute: „Gott der Vater hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel.“ Das klingt recht schlicht und einfach – „Unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel“, ist aber überwältigend. Etwas fast unaussprechlich Großes was uns hier geschenkt worden ist. Wir sind hier auf Erden, spüren und erleben unsere Begrenztheiten, auch unsere Gebrechlichkeiten und sind doch im Himmel. Wir haben jetzt Gemeinschaft mit Christus im Himmel. Er ist zum Vater heimgekehrt nachdem er das Werk der Erlösung vollbracht hat und hat sich mit uns verbunden in der heiligen Taufe. Wir haben Gemeinschaft mit Christus. Er hat sich an uns gebunden. Wir sind mit ihm verbunden, eins geworden, ein Teil von ihm geworden, ein Teil seines Leibes geworden, wir haben Gemeinschaft mit ihm, der im Himmel ist. Und weil er im Himmel ist, sind wir auch im Himmel. Wir sind jetzt schon im Himmel, „Hausgenossen Gottes“, sagt auch Paulus, Hausgenossen mit dem Herrn, Mitbewohner der Heilige, keine Fremden. Wir sind schon mitten drin im Himmel, jetzt durch die heilige Taufe, einfach als Geschenk. Mitbewohner der Heiligen, Hausgenossen Gottes. Großartig was uns der Herr einfach geschenkt hat. Wir sind auf Erden und doch sind wir im Himmel mit unserem Innersten, weil wir Gemeinschaft mit Christus haben, der im Himmel ist. Dann heißt es hier: „Das Gott beschlossen hat die Fülle der Zeiten heraufzuführen, in Christus alles zu vereinen, alles, was im Himmel und auf Erden ist.“

In Christus wird das wieder eins. Himmel und Erde werden wieder eins. Das was gespalten war, entzweit war durch die Sünde, da ist ein Keil hinein gekommen. Das wird durch Christus wieder verbunden, wieder eins. Der Himmel kommt auf die Erde. Gott ist Mensch geworden, hat hier das Werk der Erlösung getan, sein Blut vergossen zur Vergebung für unsere Sünden, zur Tilgung aller Schuld. Und dann ist er zum Vater heimgekehrt, um eben vom Himmel aus uns an sich zu ziehen, durch die heilige Taufe, durch die Sakramente, durch unser geistiges Leben zieht er uns an sich. Und so verbindet sich Himmel und Erde. Wir sind auf Erden, aber er ist im Himmel und zieht uns an sich. Und das ist eine unglaubliche Gewalt der Liebe, die hier zum Ausdruck kommt. Unaufhörlich wird die Erde in den Himmel hinauf gezogen, wird die Menschheit ans Herz Gottes gezogen. Er hat auch gesagt:

„Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde ich alle an mich ziehen.“

Das tut der Herr. Er ist ja im Himmel und er zieht uns mit der Liebe an sich, mit den Banden der Liebe, wunderbar! Wir werden einfach zum Herrn empor gehoben immer wieder. Und er möchte uns waschen, immer neu auch von den alltäglichen Fehlern und Sünden die uns passieren, weil wir gebrechliche Menschen immer noch sind, trotz der Taufe, weil unser Leib noch nicht erlöst ist. Der muss noch sterben und dann auferstehen um dann auch ganz erlöst zu sein. Jedenfalls, wir ringen noch mit unseren Schwächen. Natürlich hat Jesus das gewusst, dass es so sein wird und hat alles schon vorbereitet in seiner Kirche was wir brauchen. Deswegen gibt es in der Kirche viele verschiedene Wege der Sündenvergebung und der Heilung nach Sünde. Die Wichtigste ist natürlich die Taufe, da werden wir mit Christus erstens begraben. Der alte Mensch stirbt, den gibt es gar nicht mehr und der neue Mensch, Christus in uns, ersteht zum Leben. Wir können mit Recht sagen: „Ich bin mit Christus begraben worden.“ (Gal 2, 19)

Dann sagt Paulus weiter: „Ich lebe, aber nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir“, grundgelegt in der heiligen Taufe. Das Alte ist vergangen, die Erbschuld ist abgewaschen und geheilt worden. Jetzt sind wir praktisch mit dem Herrn online, immer verbunden. Wenn dann trotzdem Sünden passieren und die passieren einem Jeden von uns (wir wären sonst ziemlich unehrlich und stolz), deswegen hat der Herr die heilige Beichte uns geschenkt. Das Sakrament der Versöhnung, der Buße, der Umkehr. Es hat verschiedene Namen. Ein ganz wichtiger Ort, wo uns der Herr begegnen möchte als der barmherzige Heiland, als der barmherzige Jesus, der zu mir kommt und sagt: „Gib mir, was dich belastet. Gib es mir, es ist eh schon gewaschen. Ich hab dir schon vergeben. Damals vor 2000 Jahren, du erzählst mir keine Neuigkeiten. Das weiß ich seit Ewigkeit, dass das passieren wird. Gib es mir! Mach auch mein Herz wieder froh.“ Denn der Herr leidet ja mit mir, wenn ich in eine Sünde hinein rutsche. Wir beide leiden, viele andere leiden auch mit. Und der Herr sagt: „Bitte, gib mir das. Gib mir die Last, die dich drückt. Lass mich dich aufrichten, entlasten, gib es mir, ich habe es schon getragen. Nimm es in Anspruch was ich für dich getan habe. Es ist schon passiert vor 2000 Jahren, ich hab das Kreuz schon getragen und deines inklusive. Ich habe deine Sünden damals auch schon mitgetragen.“

Weil er eben als Gott auch meine Sünden gewusst hat. Als Mensch konnte er leiden und sie büßen und sein Blut vergießen, aber als der Sohn Gottes hat er meine Sünden auch schon gewusst im Vorhinein und konnte deswegen alles schon mit einbeziehen was in meinem Leben (jetzt 2000 Jahre später) passieren wird. Es ist schon gesühnt, es ist schon geheiligt worden, aber ich muss es in Anspruch nehmen, ich muss es mir auch geben lassen. Ich bin ja nicht gezwungen und der Herr bittet uns, dass wir zu ihm kommen und uns immer neu von ihm reinigen lassen, heilen lassen, trösten lassen. Denn wir alle ringen ja auch mit diesen Schwächen und dieser inneren Erfahrung, dass wir oft auch enttäuscht sind von uns selbst, dass wir diese Dummheiten begangen haben, dass uns dies passiert ist. Wir sind auch oft von uns selber enttäuscht. Aber der Herr sagt: „Komm zu mir, ich verstehe dich! Ich versteh das, ich mach dir keinen Vorwurf. Komm, wir fangen neu an!“ Das ist Jesus! Er macht einfach alles neu. Ich darf neu beginnen. Und er will die Fülle der Zeiten heraufführen.

Was ist die Fülle der Zeiten?

Wenn wir im Alten Testament schauen, in der Zeit vor Jesus, das war eine sehr harte Zeit. Sie war schon vom Gebot und Gesetz Gottes getragen und erleuchtet, da waren schon wichtige Dinge, die dort Gott von sich selbst gezeigt hat, aber es war noch nicht die Fülle der Zeiten in Christus. Es war noch eine Art Vorbereitung, eine Art Morgendämmerung, aber noch nicht das Licht. Es war auch nicht die Finsternis, es war eine Dämmerung, eine Übergangszeit. Und nach und nach hat das Volk Israel Gott immer tiefer erkennen dürfen. Hat Gott sich geoffenbart, von sich selbst gesprochen durch Mose und die Propheten. Durch die Engel hat er sich den Menschen mitgeteilt. Es war eine harte Zeit im Alten Testament, mit dem harten Gesetz der Gerechtigkeit. Damit das Volk auch lernt, dass Sünden Konsequenzen haben, dass man das wieder gut machen muss. Das Gesetz war hart: Aug um Auge, Zahn um Zahn, Strieme um Strieme, Wunde um Wunde, Hand um Hand, Fuß um Fuß, Leben um Leben! Da sind 9 so verschiedene Punkte!

Und im Alten Testament liest man (da sind viele solche Geschichten beschrieben), wie die Menschen wirklich dann an ihrer Schuld getragen haben. Dann auch die anderen Generationen nach ihnen das mitgetragen, mitgespürt haben, dass da etwas passiert ist vor ihrer Zeit. Die Menschen müssen das aus eigener Kraft irgendwie tragen und büßen. Das war noch nicht die Fülle der Zeiten. Die war erst, als Gott Mensch geworden ist, um den Menschen diese ganzen Lasten abzunehmen und die Gerechtigkeit selbst zu erfüllen. Er wollte selber sterben am Kreuz, er wollte selber für uns büßen. Strieme um Strieme. Wie viele Geißelhiebe hat Jesus für unsere Sünden bekommen! Wunde um Wunde. Er war mit Wunden übersäht. Das wollte er! Um uns zu zeigen wie kostbar wir für ihn sind. Nichts war ihm zu schwer und zu teuer für uns. Um uns seine Liebe zu zeigen und zu beweisen. Es gibt keine größere Liebe, als wer sein Leben hingibt für seine Freude. So hat er gesagt. Und so hat Jesus die neue Ära geöffnet. Nach der Zeit der Gerechtigkeit kam die Zeit der Barmherzigkeit. Erst durch Jesus! Wir dürfen uns auf Jesus berufen und sagen: „Es ist schon bezahlt worden. Die Sünden, die mir passiert sind und die mir passieren, sind schon gebüßt worden. Ich berufe mich auf Jesus. Und ich lasse mir Erbarmen und Vergebung von Gott schenken. Ich muss mich nicht selber gerecht machen. Es ist schon geschehen!“

Jetzt ist die Zeit der Barmherzigkeit angebrochen. Nicht umsonst hat dann deswegen auch Jesus Schwester Faustyna (deren Gedenktag wir heute auch feiern dürfen) gerufen als seine Sekretärin. Um uns Menschen das näher zu erklären, diese Fülle von Erbarmen, die uns erwartet. Und er wirbt um den sündigen Menschen und sagt: „Hab keine Angst, ich verstehe dich, ich mache dir keinen Vorwurf. Komm zu mir, lass dich von mir umarmen. Komm an mein Herz und trinke diese Ströme des Lebens, der Vergebung, der Heilung, des Trostes. Ich mach dich ganz neu!“

Das ist Jesus! Ein Herz voller Erbarmen. Das wollte er wirklich bewusst öffnen lassen am Kreuz. Damit wir sehen, was aus diesem Herzen heraus kommt - Blut und Wasser. Es reinigt uns von allem Unrecht, von Schuld und Sünde und es belebt uns, wir werden neue Menschen und er salbt uns mit dem Heiligen Geist. Denn als er am Kreuz den letzten Atemzug gemacht hat, hat er mit einem lauten Schrei diesen letzten Hauch gemacht. Das war schon der Beginn von Pfingsten. Die Geistausgießung hat am Kreuz begonnen und er hat alles gegeben was man geben kann. Mehr kann man nicht geben! Er gibt uns sein Leben. Das hat die Fülle der Zeiten anbrechen lassen. Die neue Zeit, die Barmherzigkeit, ein Leben in Fülle.

„Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“

Das ist Jesus. Er schenkt das Leben in Fülle. Ein Erbarmen ohne Grenzen, ohne Rechnung, keine Kleinlichkeit. Einfach geben! Mögen viele Menschen den Mut haben, dass sie auch empfangen, dass sie nehmen. Denn das ist dann eben unsere Freiheit, dass wir das auch nehmen. Denn ein Geschenk das für uns bereit liegt, muss auch abgeholt werden. Das ist unsere freie Entscheidung. Dass wir zu Jesus kommen und uns beschenken zu lassen. So viele Menschen haben Angst vor Jesus. Sie haben Angst, dass ihre Sünden ans Licht kommen. Dass es irgendwie öffentlich wird. Aber der Herr ringt um unser Vertrauen. Hab Vertrauen zu mir! Und es freut Jesus wenn wir sagen: „Jesus, ich vertraue auf dich! Ich habe keine Angst vor dir, ich komme zu dir.“ Wir wollen heute beten für die Vielen, die diese Erfahrung der Liebe Gottes noch nicht gemacht haben, dass sie eintauchen dürfen in diesen Strom des Erbarmens! Amen!