Statue der Gottesmutter
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2. Fastensonntag (16.03.2014)

Das Evangelium vom 2. Sonntag in der Fastenzeit berichtet uns von der Verklärung des Herrn auf dem Berg Tabor. Für drei auserwählte Jünger waren zu jenem Zeitpunkt die „Taborstunden“ angebrochen, nach denen sich wohl jeder von uns sehnt. Sie durften Jesus, ihren Meister und Herrn, in seiner Herrlichkeit sehen. Was aber ist die Frohbotschaft, die uns mit der Schilderung dieses außergewöhnlichen Ereignisses übermittelt werden soll? Jesus tut nichts einfach nur so. Sein Handeln hat immer einen Grund und ein Ziel. Die orthodoxe Liturgie besitzt einen schönen Gesang zum Fest der Verklärung. In diesem so genannten Kontakion wird das Geschehnis auf dem Berg Tabor sowie dessen Auslegung mit bedeutungsvollen Worten besungen: „Auf dem Berge wurdest du verklärt, und deine Jünger sahen deine Herrlichkeit, Christus, o Gott, soweit sie es vermochten: auf dass sie, wenn sie dich gekreuzigt sähen, das freiwillige Leiden verstehen könnten und der Welt verkünden, dass du in Wahrheit des Vaters Abglanz bist.“

Nur wenige Tage vor der Verklärung bekannte derselbe Petrus, der Jesus bei seiner Verurteilung aus Angst dreimal verleugnen wird: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!“ (Mt 16,16) Vom Messiasbekenntnis des Petrus an, begann Christus die Apostel auf seinen Kreuzestod vorzubereiten. Und Petrus, immer vom Eifer für den Herrn erfasst, jedoch vom Geistlichen noch wenig durchdrungen, nahm ihn „beiseite und machte ihm Vorwürfe; er sagte: Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen! Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.“ (Mt 16,22-23)

Jesus wusste um die Furcht und Schwäche seiner Jünger, darum wählte er drei aus, um ihnen zu zeigen, dass er alle Macht besitzt, aber um seiner Sendung willen sein Leben freiwillig hingeben wird. Aber warum gerade diese drei Apostel? Der heilige Bischof Johannes Chrysostomos beantwortet diese Frage: „Sicher weil sie den anderen etwas voraushatten. Den heiligen Petrus wegen seines glühenden Eifers, seiner Liebe; den heiligen Johannes, weil er der Jünger war, den Jesus liebte (Joh 13,23); und den heiligen Jakobus, weil er, zusammen mit seinem Bruder, gesagt hatte: »Wir können es« (deinen Kelch trinken) (Mt 20,22), und weil er in der Folge Wort gehalten hat (Apg 12,2)“

Und eine weitere Frage drängt sich dem Betrachter des heutigen Evangeliums auf: „Warum lässt Jesus Mose und Elias erscheinen?... Er wurde ständig beschuldigt, gegen das Gesetz zu verstoßen und Gott zu lästern, sich dabei eine Ehre anzumaßen, die ihm nicht zustand, die Herrlichkeit des Vaters… Da er beweisen wollte, dass er das Gesetz nicht breche und sich nicht eine Ehre anmaße, die ihm nicht zustand, berief sich Jesus auf die Autorität der beiden unanfechtbarsten Zeugen, auf Mose, der das Gesetz gegeben hatte... und auf Elija, der mit leidenschaftlichem Eifer für die Verherrlichung Gottes eintrat und ihm diente (1 Kön 19,10). Und er wollte seinen Jüngern die Herrlichkeit des Kreuzes offenbaren; er wollte Petrus und seine Gefährten trösten, die durch seine Passion verängstigt waren, und ihnen wieder Mut machen. Denn Mose und Elija sprachen mit ihm über die Ehre, die ihm in Jerusalem zuteil werden sollte (Lk 9,31); sie sprachen also über seine Passion, sein Kreuz, das die Propheten immer als seinen Ruhm bezeichnet haben.“ (ebd.)

Die Tradition der Ostkirche lehrt, dass die Verklärung des Herrn des Nachts stattfand. Nachdem er mit den drei auserwählten Aposteln auf den Berg gestiegen war „verließ er sie und ging etwas höher, um allein zu beten. Es war Nacht; Jesus liebte es gewöhnlich, nachts zu beten. Während des Gebetes wurde er verklärt. Es geschah etwas, was sich nicht mit der irdischen, menschlichen Gestalt des Meisters vereinbaren ließ: aus ihm erstrahlte seine göttliche Natur. Als die Jünger vom Schlaf erwachten, sahen sie plötzlich ihren Lehrer Jesus Christus in Herrlichkeit, sein Gewand war weiß wie Schnee, und Sein Gesicht war verklärt. Er sprach mit zwei Propheten – Mose und Elija. … Das Gespräch wurde vor den Augen der Jünger fortgesetzt, wahrscheinlich nicht sehr lange, aber was mit ihnen geschehen war, war eine gnadenvolle Erleuchtung. Als Mose und Elija sich anschickten, von Christus zu scheiden, sagte sein eifrigster Jünger Petrus: »Es ist gut, dass wir hier sind«, das heißt, wie gut ist es, diese Gnade zu erfahren. »Lass uns hier drei Hütten bauen: eine für dich, eine für Mose und die drit­te für Elija.« Der Apostel wusste nicht, dass er um etwas Unmögliches bat. Plötzlich fiel auf sie der Schatten einer ungewöhnlichen Wolke, und sie erschraken, als sie diese Wolke bedeckte. »Das ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören«, ertönte eine Stimme. Und als sie verstummte, verschwand die Erscheinung, und Jesus blieb bei seinen Jüngern in seiner gewohnten Gestalt zurück.“ (orthpedia.de)

Auf diesem Hintergrund gesehen, nämlich dass diese Begebenheit mitten in der Nacht stattfand, wird man unmittelbar an den Johannesprolog erinnert. Gleich in den ersten Versen seines Evangeliums bezeugt Johannes das Erlebnis vom Tabor und dass Christus wahrhaft Gott und Mensch ist: „Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst. … Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. … Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.“ (Joh 1,5.9.14)

Das Licht vom Tabor, welches Petrus, Jakobus und Johannes gesehen hatten und nachdem sich die Menschheit bewusst oder unbewusst ausstreckt, ist das ungeschaffene Licht Gottes. Dieses Licht, diese Herrlichkeit, erwartet uns, wenn wir den Kampf unseres Lebens siegreich gekämpft haben. Durch alles Leid hindurch dürfen wir sicher sein, dass am Ende des Weges dieses ungeschaffene Licht auf uns wartet. Noch mehr, schon hier auf Erden dürfen wir Träger dieses Lichtes sein, denn der Herr, der von sich gesagt hat, „Ich bin das Licht der Welt!“ (Joh 8,12), hat uns zu sich emporgehoben und unmissverständlich zugesagt: „Ihr seid das Licht der Welt.“ Und jenes Licht, das sein göttliches Licht ist, und durch uns hindurch scheint, soll „vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“, trug uns Jesus auf. Der selige John Henry Newman betete inbrünstig um diese Erleuchtung des Herzens und des Geistes: „Herr, bleibe bei mir! Dann werde ich selber auch leuchten, wie du geleuchtet hast; ich werde andern Licht sein. All dieses Licht ist von dir, Jesus. Nichts kommt von mir, nichts ist mein Verdienst. Du bist es, der durch mich andern leuchtet. Gib, dass ich allen um mich herum leuchte. Erleuchte sie durch mich und mit mir. Lehre mich, dein Lob, deine Wahrheit und deinen Willen kundzutun. Gib, dass ich dich verkünde, nicht durch Worte, sondern durch mein Beispiel, durch die weiterwirkende Kraft und den gewinnenden Einfluss dessen, was ich tue. (Sel. John Henry Newman)

Mose, den der Herr als Zeugen für seine Herrlichkeit auf den Berg Tabor bestellt hatte, war schon zu seinen Lebzeiten ein Zeuge dafür, wie stark das Licht Gottes einen Menschen durchdringen kann: „Als Mose vom Sinai herunterstieg, hatte er die beiden Tafeln der Bundesurkunde in der Hand. Während Mose vom Berg herunterstieg, wusste er nicht, dass die Haut seines Gesichtes Licht ausstrahlte, weil er mit dem Herrn geredet hatte. Als Aaron und alle Israeliten Mose sahen, strahlte die Haut seines Gesichtes Licht aus und sie fürchteten sich, in seine Nähe zu kommen. …Wenn die Israeliten das Gesicht des Mose sahen und merkten, dass die Haut seines Gesichtes Licht ausstrahlte, legte er den Schleier über sein Gesicht, bis er wieder hineinging, um mit dem Herrn zu reden.“ (34,29ff)

Auch in gegenwärtiger Zeit finden wir Menschen, die ganz von Christus erfüllt, dieses Taborlicht ausstrahlen. Jenes Licht, durch das Gott im Leben eines Menschen verherrlicht wird, wenn dieser bereit ist, Christus Raum zu geben. Ein solcher Zeuge für das ungeschaffene Licht ist die selige Chiara „Luce“ Badano. Ihren Beinamen „Luce“ (Licht) erhielt sie von der Gründerin der Fokolarbewegung, weil Chiara trotz eines schweren Kreuzes – aggressiver Knochenkrebs – das Licht jener lebendigen Beziehung zu Jesus unentwegt ausstrahlte. Ihr und allen Heiligen dürfen wir es gleichtun, damit wir ebenso Lichtträger werden, wie sie: „Blickt auf zu ihm, so wird euer Gesicht leuchten und ihr braucht nicht zu erröten.“ (Ps 34,6)