Statue der Gottesmutter
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4. Sonntag der Osterzeit (29.04.2012)

Am vierten Ostersonntag begegnet uns der Herr im Bild des Guten Hirten (Joh 10,11-18).

Jesus nimmt ein der damaligen Zeit sehr vertrautes Bild für sich selbst in Anspruch. Jeder Arme und jeder Reiche begegnete damals in seinem Alltag den weidenden Schafherden, die von ihren Hirten bewacht und umsorgt wurden. Diese alte Metapher versteht auch der heutige Mensch noch sehr gut. In unserer Gegend zieht fast jedes Jahr ein Schafhirte mit seiner großen Herde an unserem Haus vorbei. Dieser Anblick begeistert nicht nur uns Schwestern. Manche unserer Gäste sind schon der Schafherde nachgefahren, um dieses beeindruckende Schauspiel der friedlich blökenden Schafe zu erleben.

Jesus sagt von sich: „Ich bin der gute Hirt!“ Der Heilige Basilius von Seleucia (gest. 459) legte Christus die Worte in den Mund: „Ich habe Scharen von kranken und erschöpften Menschen gesehen; meine Schafe, die fortgingen, dorthin, wo die Dämonen hausen; meine Herde, die von Wölfen zerrissen wurde. Ich habe es gesehen und habe nicht unbeteiligt von oben zugeschaut. Deshalb ergriff ich die vertrocknete Hand, die vom Bösen wie von einem Wolf festgehalten wurde; ich band die los, die vom Fieber ans Bett gefesselt war; ich habe den sehen gelehrt, dessen Auge vom Mutterschoß an verschlossen war; ich habe Lazarus aus dem Grab geholt, wo er schon vier Tage lang gelegen hatte (Mk 3,5; 1,31; Joh 9,11). Denn ich bin der gute Hirt; der gute Hirt gibt sein Leben für seine Schafe“...

Diese Lebenshingabe feiern wir in jeder Heiligen Messe. Besonders gedenken wir dieser unermesslichen Liebestat des Sohnes Gottes in der Fastenzeit, in der wir Jesu Tod am Kreuz verkünden. Jesus betont, dass er sein Leben hingibt, das ihm keiner entreißen kann. Aus freiem Willen und im Auftrag des Vaters wurde er, der Hirte seines Volkes, selbst zum Opferlamm, das für uns geschlachtet wurde, um die Herde vor den reißenden Wölfen zu schützen. Als die Stunde des Todes nahte und sich seine Schlächter wie reißende Wölfe um ihn scharten, ist Jesus nicht geflohen weil er kein bezahlter Knecht war sondern der Sohn Gottes, der den Vater und uns mehr liebte als sein Leben.

Jesus, als wahrer Gott und wahrer Mensch, hatte nicht nur die Macht der Hingabe seines Lebens, er hatte auch die Macht, das Leben wieder zu nehmen, um uns in Ewigkeit als treuer Hirte zu führen und zu leiten. Der Ostersonntag ist jener große Tag, an dem Jesus sein Leben wieder an sich genommen hatte, also von den Toten auferstanden ist, und damit den ewigen Tod, der durch den Sündenfall der Menschheit die ganze Herde überschattet hatte, ein für allemal besiegt hat.

Das Evangelium vom Guten Hirten stellt uns aber auch einige für uns existentiell wichtige Frage, wenn Jesus sagt: „Ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich. … und sie werden auf meine Stimme hören.“ Kennen wir Jesus wirklich? Erkennen und Anerkennen wir ihn als unseren Hirten, als unseren Herrn? Hören wir seine Stimme? Können wir seine Stimme von den unzähligen Stimmen der Gesellschaft unterscheiden? Auf seine Stimme hören bedeutet, ihm zu gehorchen. Folgen wir seinem Wort und seiner Lehre? Oder laufen wir falschen Propheten nach, die uns saftigere Weiden versprechen? Jesus sagt, dass die Seinen ihn kennen und zeigt mit dem Wort: „Wie mich der Vater kennt und ich den Vater kenne.“, die Verbindung auf, in der jene stehen, die auf sein Wort hören und ihm folgen.

Die Ökumene ist kein Begriff der Moderne, sie hat schon zu Jesu Zeiten begonnen, denn es war ein Herzensanliegen des Sohnes Gottes, alle Schafe in einer Herde zu sammeln. Der Stellvertreter Christi, Papst Benedikt XVI., schrieb anlässlich der dritten ökumenischen Versammlung: „Das Zweite Vatikanische Konzil hat, wie es mein verehrter Vorgänger Papst Johannes Paul II. zum Ausdruck brachte, »die katholische Kirche unumkehrbar dazu verpflichtet, den Weg der Suche nach der Ökumene einzuschlagen und damit auf den Geist des Herrn zu hören, der uns lehrt, aufmerksam die ‚Zeichen der Zeit’ zu lesen«  (Ut unum sint, 3). »An Christus glauben heißt, die Einheit wollen; die Einheit wollen, heißt, die Kirche wollen« (ebd., 9). In diesem Bewusstsein wird die katholische Kirche stets voll Zuversicht auf dem Weg der Einheit und der Gemeinschaft unter den Christen voranschreiten, der zwar schwierig, aber reich an Freude ist (vgl. ebd., 2).“ Der Heilige Vater hielt weiters fest: „Das Gebet für die Einheit stellt den Königsweg zur Ökumene dar.“

Deshalb beten wir darum, dass sich die ganze Menschheit zu der einen Herde zusammenschließt, die sich in Einheit und Frieden um den Guten Hirten Jesus Christus sammelt, um auf seine Stimme zu hörend und seinem Ruf zu folgen.