Statue der Gottesmutter
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5. Fastensonntag (06.04.2014)

Der 5. Fastensonntag führt uns nach Bethanien an das Grab des Lazarus. Lazarus, der Bruder von Martha und Maria, war ein guter Freund von Jesus. Als Lazarus starb, war Jesus nicht zugegen. Aber als er die traurige Nachricht erhielt, machte er sich umgehend auf den Weg, um am Grab seines Freundes zu beten.

Der heilige Kirchenlehrer Ephräm kommentierte diese Schriftstelle: „Als er fragte: »Wo habt ihr ihn bestattet?«, hatte unser Herr Tränen in den Augen. Seine Tränen waren gleichsam der Regen, Lazarus gleichsam das Getreidekorn und das Grab gleichsam die Erde. Er rief mit einer Stimme wie Donner, der Tod erzitterte bei seiner Stimme, Lazarus stieg empor wie das Getreidekorn, kam heraus und betete den Herrn an, der ihn wieder zum Leben erweckt hatte.“ In seinen weiteren Ausführungen weist Ephräm auf eine interessante Tatsache hin, nämlich, dass Jesus den Stein nicht gleich durch „Wundermacht“ selbst entfernte.

Stattdessen wies er andere dazu an, ihn wegzuwälzen. Ephräm kennt auch den tieferen Grund für Jesu Handeln und beginnt mit der Frage: „Hätte derselbe, der einen Toten auferweckt und ihm das Leben zurückgegeben hat, nicht das Grab öffnen und den Stein wegwälzen können? Er, der zu seinen Jüngern sagte: »Wenn euer Glaube auch nur so groß ist wie ein Senfkorn, dann werdet ihr zu diesem Berg sagen: Rück von hier nach dort, und er wird wegrücken« (Mt 17,20) – hätte er nicht durch ein Wort den Stein versetzen  können, der den Eingang zum Grab verschloss? Sicher hätte er auch durch sein Wort den Stein versetzen können, er, dessen Stimme, als er am Kreuze hing, Steine spaltete und Gräber öffnete (Mt 27,51-52). Weil er aber der Freund von Lazarus war, sagte er: »Öffnet das Grab, damit euch der Gestank der Fäulnis entgegenschlägt, und nehmt ihm die Binden weg, in die ihr ihn wie in ein Leichentuch gewickelt habt, damit ihr seht, dass es derselbe ist, den ihr begraben habt.«“

Wenn Jesus jemanden heilte, oder Tote erweckte, dann wollte er kein Spektakel, kein leeres Aufsehen erregen. Seine Absicht zielte immer darauf ab, den Menschen Gutes zu tun und ihnen durch die Art seines Handelns eine Lehre zu erteilen. Jesus ist ein wunderbarer Pädagoge, der alles, selbst das Banalste, dazu verwenden kann, die Frohe Botschaft zu lehren und zu erklären und damit die Menschen tiefer in den Glauben zu führen. Er tut all dies, ohne kalt und berechnend zu sein. Er weiß, was er tut oder zu tun hat, denn sein Lehrmeister ist der Vater, der ihn in den langen nächtlichen Gebeten unterwies. Den Meister aus Nazareth zeichnet noch etwas aus: Er wagt es, Gefühle zu zeigen, und offenbart damit einen sehr gefühlvollen, einfühlsamen und beziehungsfähigen Gott. „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“, erklärt Jesus im Johannesevangelium (Joh 14,9)

Auf eine weitere wesentliche Gegebenheit macht der heilige Ephräm aufmerksam. Jesus macht keine halben Sachen. Er macht Nägel mit Köpfen. An Lazarus zeigte er, dass er seinen und unseren Tod auf sich genommen hat, um ihm und uns das Leben zu geben. Er selbst bezahlt die Rechnung voll und ganz. Ephräm schreibt: „Jesus gab Lazarus das Leben zurück und starb an seiner Stelle; denn als er ihn aus dem Grab geholt und an seinem Tisch Platz genommen hatte, wurde er selber auf symbolische Weise durch das Öl bestattet, das Maria über sein Haar goss (Mt 26,7). Die Macht des Todes, der vier Tage lang triumphiert hat, ist gebrochen… damit der Tod es zur Kenntnis nehme, dass es dem Herrn ein Leichtes sei, ihn am dritten Tag zu besiegen…; seine Verheißung hat sich erfüllt: Er hatte verheißen, dass er am dritten Tage auferstehen werde (Mt 16,21)… So gab der Herr Maria und Marta die Freude zurück; er bezwang die Hölle, um offenkundig zu machen, dass er selber nicht für immer vom Tod festgehalten würde… Sooft nun jemand sagt, es sei unmöglich, am dritten Tage aufzuerstehen, dann schaue er auf den, der am vierten Tag auferweckt wurde.“ In der Zeit, als Lazarus starb, hielten die „Weisen der Welt“ Jesus ohnehin für verrückt. In den Augen der Schriftgelehrten wurde dieser Rabbi immer dreister mit seinen Aussagen und Prophezeiungen über sich selbst. Sie glaubten ihm nicht, weil sie ihren Geist nicht zu Gott erheben konnten. Mit der Erweckung des Lazarus konnte Jesus seine Aussage: „Reißt diesen Tempel nieder, in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten.“ (Joh 2,19), in aller Deutlichkeit rechtfertigen – zur Ehre Gottes und zur Auferbauung des Glaubens im Volk Gottes. Jesu Wort dürfen wir immer trauen, es ist wahrhaftig und voller Kraft.