Statue der Gottesmutter
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Abend der Barmherzigkeit (01.05.2015)

Überraschend viele Gläubige sind zum heutigen Abend der Barmherzigkeit gekommen, darunter auch viele Kinder. P. Prof. Dr. Sebastian Athappilly ging in der Predigt auf die Thematik des heutigen Evangeliums ein, und führte die Hintergründe zur Tempelreinigung aus. Jesu ganz und gar unsanfter Auftritt im Tempel, als er einschritt, um die Händler zu verjagen, hatte ein bestimmtes Ziel. P. Sebastian stellte dazu fest: „Jesus will unser Gottesverhältnis auf eine völlig neue Basis stellen. Er will uns teilhaben lassen an der Wahrheit, an seiner Gotteserkenntnis und an seinem Geist, damit auch wir in der Kraft dieses Geistes rufen können: ABBA, Vater. Er will uns fähig machen, Gott im Geist und in der Wahrheit anzubeten. Gott ist nicht mehr bloß der Gott des Abrahams, des Isaaks und des Jakobs oder des Mose, sondern Gott ist der Gott Jesu! Nur er kennt den Vater und der, dem der Sohn ihn offenbaren will. Niemand kommt zum Vater außer durch ihn.“

In der Taufe und weiterhin in der Beichte hat Jesus uns den Weg zum Vater erschlossen. Im Sakrament der Buße kommen wir vom Herzen Jesu zum Herzen des Vaters. Zur Spendung des Bußsakramentes stehen beim Abend der Barmherzigkeit immer zwei bis drei Priester zur Verfügung. Mit großer Dankbarkeit sehen wir, dass die Beichte für die meisten Gläubigen ein Fixpunkt im Programm dieses Abends ist. Der nächste Abend der Barmherzigkeit wird ein kleines Fest werden: Wir dürfen Gott danken für 5 Jahre Misericordia und begehen zum 60. Mal den Abend der Barmherzigkeit. Feiern Sie mit uns am 05. Juni 2015. Beginn ist wie immer um 18 Uhr.

Predigt vom Abend der Barmherzigkeit P. Prof. Dr. Sebastian Athappilly CMI

Jesus, der sonst immer mild und sanft ist, geißelt die Händler im Tempel! Dies mag uns überraschen. Er riskiert sogar sein Leben damit. War ihm dies so wichtig? Was hat ihn so erregt, dass er zur Geißel greift?

Die Jünger finden eine Antwort auf diese Frage im Wort der Schrift: Sie erinnerten sich daran: „Der Eifer für dein Haus verzehrt mich.“ So schließt der erste Teil des heutigen Evangeliums mit einem Erinnerungswort aus der Schrift. Es geht hier um den Eifer für Gott, seinen Vater. Der zweite Teil ist dem Disput gewidmet, der sich anschließt. Jesus stellt sich selbst als Tempel vor und spricht von seiner Auferstehung. Auch dieser Teil wird ebenso mit einem „Erinnerungswort“ abgeschlossen: Als Jesus von den Toten auferstanden war, erinnerten sich die Jünger, dass er dies gesagt hatte. Was Jesus gesagt hat, deutet sein Geschick.

Beide Teile sind miteinander verbunden: im ersten Teil werden Geschäfte aus dem Tempel vertrieben, im zweiten wird der Tempel überhaupt erst neu errichtet. In Johannes Prolog heißt es: in Jesus wohnt das Wort unter uns. Wir sehen die Herrlichkeit des einzigen Sohnes des Vaters, voll Gnade und Wahrheit.

Die Tempelaustreibung in Joh 2 ist also eine Auslegung des Prologs in Johannes 1; sie  erzählt, was im Prolog, der Jesus-Geschichte vorangestellt wird. In diesem Hymnus im Prolog ist Johannes 2 und das ganze Evangelium verwurzelt. Jesus ist der Tempel Gottes!

Der Hinweis auf den Tod Jesu und seine Auferstehung gibt uns den Schlüssel zu einem tieferen Verständnis.

Sie sind Zeichen dafür, dass mit Jesus Christus eine neue Zeit angebrochen ist, die alle bisherigen religiösen Stätten in den Schatten stellt. Schon im Prolog heißt es: Das Gesetz ist durch Mose gegeben worden; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus gekommen. Und weiter: „Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht“. Und er selber lädt uns ein: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt; ich werde euch Ruhe verschaffen!“ An seinem geöffneten, verwundeten Herzen werden wir Ruhe finden.

Mit Jesus beginnt eine neue Epoche des Gottesverhältnisses. „Die Stunde kommt, und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden. Gott ist Geist, und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten“ (Joh 4,23f.)

Als Jesus seinen Geist aufgab, da zerriss nach Matthäus der Vorhang des Tempels von oben bis unten. Auch dies deutet auf eine neue Zeit hin, die in Jesus angebrochen ist.

Im Markusevangelium finden wir eine ähnliche Botschaft, indem die Tempelaustreibung gleich nach der Verfluchung des Feigenbaumes dargestellt wird. Eine Andeutung daraufhin, dass das alte Israel sich als unfruchtbarer Feigenbaum gezeigt hat. Nach außen hin schön und einladend, aber in Wahrheit fruchtlos. Er fand da nichts als Blätter. Daher wird der Tempel, das Symbol des alten Bundes nun durch Jesus gründlich erneuert und ersetzt.

Anstoß und Ärgernis

Jesus will unser Gottesverhältnis auf eine völlig neue Basis stellen. Er will uns teilhaben lassen an der Wahrheit, an seiner Gotteserkenntnis und an seinem Geist, damit auch wir in der Kraft dieses Geistes rufen können: ABBA, Vater. Er will uns fähig machen, Gott im Geist und in der Wahrheit anzubeten. Gott ist nicht mehr bloß der Gott des Abrahams, des Isaaks und des Jakobs oder des Mose, sondern Gott ist der Gott Jesu! Nur er kennt den Vater und der, dem der Sohn ihn offenbaren will. Niemand kommt zum Vater außer durch ihn.

Auch die zwei Aussagen Jesu bei der Tempelaustreibung enthalten tiefe Wahrheiten über ihn und seinen Auftrag. Die erste Aussage, „Macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle!“ enthält den hohen Anspruch, dass Jesus der Sohn Gottes ist, der gekommen ist, um die Ehre seines Vaters zu verteidigen. Gott ist sein Vater, zu dem er Abba sagen darf. So heißt es in Johannes 5,18: Die Juden trachteten danach, ihn zu töten, „weil er nicht nur den Sabbat brach, sondern auch Gott seinen Vater nannte und sich damit Gott gleichstellte.“

Jesus war von seinem Vater ganz in Anspruch genommen. Er hat gesagt, seine Speise ist es, den Willen seines Vaters zu tun. Die ersten Worte von Jesus, die im Evangelium stehen, lauten: „Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?“. So sagte der zwölfjähriger Jesus zu Maria und Joseph, die ihn gesucht und am Ende im Tempel wieder gefunden haben. Und dort heißt es weiter über Maria: sie bewahrte alles in ihrem Herzen. Als der Engel Gabriel ihr den Gruß Gottes brachte, heißt es: Maria überlegte sich, sie sann nach, was dieser Gruß zu bedeuten habe; sie überlegte in ihrem Herzen darüber. Im Originaltext auf Griechisch steht: dielogiseto, sie hat im Herzen dialogisiert, erwogen, im Gespräch, nicht mit jemand anderem, sondern mit Gottes Wort. Mit Gott, was Gott von ihr verlangt. Einfach gesagt, sie hat gebetet. So war es auch mit Joseph. Er hat nicht mit jemandem diskutiert, wieso seine Verlobte jetzt ein Kind erwartet, ohne seine Erkenntnis. Und die beiden bekommen die Antwort Gottes durch den Engel. Bei Maria heißt es dann, sie sagte: „Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Wort“. Bei Joseph heißt es, dass er tat, wie der Engel ihm aufgetragen hatte. Ein Mann der Tat nach dem Willen Gottes, ohne Wenn und Aber. Heute denken wir an ihn, den Patron der Arbeiter.

Dass Jesus den Anspruch als der Sohn Gottes erhoben hatte, beschuldigten ihn die Juden als Gotteslästerer. Was die Juden als Gotteslästerung empfunden, gerade das ist der Grund unseres Heiles und warum wir Jesus annehmen und anbeten. Jesus ist eben nicht bloß ein Mensch, sondern Gott, Gott der Sohn. Wenn wir unsere Erlösung, unser ewiges Heil einem bloßen Menschen wie wir verdanken sollten, das wäre für uns eine Entwürdigung. Gott selbst ist unser Retter. Jahwe ist unser Heil und Heiland. Der Name Jehoschuah, Jeschuah, Jesus, bedeutet dies. Jesus heißt nicht nur so, sondern er ist, was er heißt. Der Engel hatte Josef beauftragt, du sollst ihm den Namen Jesus geben, denn er wird das Volk von seinen Sünden erlösen (Matt 1,21). Jesus ist Immanuel, Gott-mit-uns.

Jesus, der als Gotteslästerer zum Tode verurteilt und gekreuzigt wurde im Namen des jüdischen Gesetzes, wurde aber vom Vater glorreich bestätigt als der Sohn Gottes durch die Auferweckung bzw. Auferstehung. Da hat Gott, der Herr des Lebens, mächtig gesprochen. Was er bei der Taufe und bei der Verklärung mit der Stimme vom Himmel gesagt hatte, bestätigte er nun durch die Tat der Auferweckung:

„Dies ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören!“

Daher schreibt Paulus im Brief an die Römer: „Das Evangelium von seinem Sohn, der nach dem Fleisch aus dem Geschlecht Davids hervorgegangen, machtvoll nach dem Geist der Heiligkeit aufgrund der Auferstehung von den Toten als Sohn Gottes eingesetzt ist.“ Weil er der Sohn Gottes ist, kann er uns befreien. „Jeder, der sündigt, ist Sklave der Sünde. Wenn euch der Sohn frei macht, seid ihr wirklich frei“ (Joh 8,36). Als der Sohn Gottes hat er auch die Vollmacht zur Sündenvergebung. Zum Gelähmten sagte er: „mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!“ (Mk 2,5). Diese Vollmacht hat er den Aposteln übertragen. „Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben, und wem ihr sie nicht vergebt, dem bleiben sie unvergeben“ (Joh 20,23). Dies wird durch die Kirche weiter gespendet im Sakrament der Sündenvergebung. Wo sonst finden wir solche Vollmacht, im Namen Gottes die Sünden zu vergeben? Wer könnte sonst diese Vollmacht geben, außer Jesus? Das Sakrament der Sündenvergebung macht uns frei und froh!

Die zweite Aussage Jesu: „Reißt diesen Tempel nieder und in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten“ hat er in seiner Auferstehung. Erfüllt. Jesus sprach vom Tempel seines Leibes! Dieses Erinnerungswort beinhaltet folgende Wahrheiten: Als menschgewordener Sohn Gottes, ist er in seiner Menschheit und Leiblichkeit das sichtbare Bild des unsichtbaren Gottes. Daher sagte er: Wer ihn sieht, sieht den Vater. Wie Paulus schreibt, in ihm wohnt die ganze Fülle Gottes leibhaftig. Er ist das Sakrament Gottes. Mit ihm haben wir das wahre und sichere Verhältnis zu Gott. Jesus ist der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater außer durch ihn. In keinem anderen Namen haben wir das Heil. Paulus sagt dasselbe: Es gibt einen Mittler zwischen Gott und den Menschen, Jesus Christus.

Jesus will uns teilhaben lassen an der Wahrheit, an seiner Gotteserkenntnis, an seinem Geist und an seinem Leben, nämlich am göttlichen, ewigen Leben, Leben in Fülle. Als der Gute Hirte, ist er gekommen, damit wir Leben haben, Leben in Fülle. Bei der Gabenbereitung mischt der Priester ein wenig Wasser mit dem Wein und betet: „Wie das Wasser sich mit dem Wein verbindet zum heiligen Zeichen, so lasse uns dieser Kelch teilhaben an der Gottheit Christi, der unsere Menschennatur angenommen hat“. Gerade das ist unser Heil.

Wir empfangen dieses Heil in und durch Jesus, sonst durch keinen anderen. Durch ihn empfangen wir den Heiligen Geist, in wem wir zu Gott rufen können und dürfen: ABBA, Vater. Jesus macht uns fähig, Gott im Geist und in der Wahrheit anzubeten. Er wurde, was wir sind, Mensch, damit er uns macht, was er ist, Gott. Darum sagen wir mit dem Hauptmann: „ich bin nicht würdig, dass du mein Haus betrittst“ (Matt 8,8). Aber darum sagen wir auch mit Petrus: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens!“ (Joh 6,68). Darum sagen wir mit dem Hauptmann: „ich bin nicht würdig, dass du mein Haus betrittst“. Aber darum sagen wir auch mit Petrus: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens!“ Dem großen, erhabenen, allmächtigen Gott, unserem Schöpfer und dem Schöpfer der ganzen Welt, begegnen wir in Jesus Christus ganz nah. Darum schreibt Petrus, wie wir in der Lesung gehört haben: „… damit ihr die Großtaten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis berufen hat in sein wunderbares Licht“ (1 Petr 2,9). Welch ein Wunder der Liebe! Wir können dies nicht begreifen, aber wir können dies demütig annehmen und Gott in froher Dankbarkeit anbeten, Amen.