Statue der Gottesmutter
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Bittage – für alle, die satt werden wollen (26.05.2014)

„Wir sollten durch unser Leben die Erde zum Himmel machen.“

Diesen weisen Rat gibt uns Johannes Chrysostomos. Der Mensch träumt immer vom verlorenen Paradies. Neben dem Verlust dieses einmaligen Geschenkes ist auch die Berufung des Menschen ein Grund für diese Sehnsucht: „Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen. Dann sprach Gott: Hiermit übergebe ich euch alle Pflanzen auf der ganzen Erde, die Samen tragen, und alle Bäume mit samenhaltigen Früchten. Euch sollen sie zur Nahrung dienen.“ (Gen 1,28-29)

Geschaffen als Krone der Schöpfung lastet auch eine ungeheure Verantwortung auf unseren Schultern.

Unsere persönlichen Handlungen oder Unterlassungen bleiben nicht wirkungslos und bringen damit Heil oder Unheil über unsere Mitmenschen und Mitgeschöpfe. Bei aller Würde, die uns verliehen ist, bleiben wir nur Mitschöpfer, abhängig von Gott, der Leben und Gnade gibt.

In diesem Bewusstsein nehmen viele Gläubige an den Bittprozessionen teil, die in den drei Tagen vor Christi Himmelfahrt im Rahmen der Bitttage stattfinden. In erster Linie wird hierbei um Gottes Segen für die Landwirtschaft gebetet. Viel kann der Landwirt durch sein Wissen und seiner Hände Arbeit für einen guten Ernteertrag beitragen. Aber er kann passende Witterung nicht bestellen und Unwetter nicht abwenden. Im Vertrauen auf Gottes schützende Allmacht dürfen wir am Herzen Gottes rütteln, damit er, der Meer und Land geschieden und den Gestirnen ihre Ordnung gab, alles zum Wohl der ganzen Schöpfung lenken kann.

Bereits Albert Einstein erkannte, dass selbst kleinste Kleinigkeiten enorme Auswirkungen auf unser Leben auf diesem Planten haben: „Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr.“ So gesehen ist der Kampf der Imker gegen das Bienensterben der letzten Jahre durchaus ernst zu nehmen und sollte uns nachdenklich stimmen.

Adalbert Stifter möchte uns ebenfalls die Augen öffnen: „Die meisten verstehen nur die Frakturschrift im Buche der Schöpfung und übersehen die kleine Perlschrift auf Wiesenblumen und Schmetterlingsflügeln.“ Gott beschenkt uns in der Natur so reich mit seiner Liebe, die wir in der Hektik unserer Betriebsamkeit jedoch geflissentlich übersehen.

Christian Friedrich Hebbel stellte vor mehr als einem Jahrhundert betroffen fest: „Das Publikum beklatscht ein Feuerwerk, aber keinen Sonnenaufgang.“ Im Feuerwerk bejubelt sich der Mensch selbst, im Staunen über das Aufgehen und Sinken der Sonne mit der damit verbunden Farbenfülle bewundern wir Gottes Werk. Tag für Tag schulden wir ihm unseren Dank für die Großtaten, die er in seiner liebenden Aufmerksamkeit für uns wirkt.

Wer hat Gott schon darum gebeten, dass er am nächsten Morgen die Sonne wieder aufgehen lässt, dass er zur rechten Zeit die Nacht hereinbrechen lässt? Das gewohnte Gefüge um uns scheint zu banal, zu selbstverständlich zu sein, als dass wir uns dabei an Gott erinnern. „Treue sprosst aus der Erde hervor; Gerechtigkeit blickt vom Himmel hernieder. Auch spendet der Herr dann Segen und unser Land gibt seinen Ertrag. Gerechtigkeit geht vor ihm her und Heil folgt der Spur seiner Schritte.“, betete der Psalmist. (Ps 85,12-14) Die Juden erinnerten sich im Psalmengebet regelmäßig an das treue Wirken Gottes. Sie nahmen sein unveränderliches Wirken nicht als selbstverständlich:

„Er bedeckt den Himmel mit Wolken, spendet der Erde Regen und lässt Gras auf den Bergen sprießen.“ Gläubige Juden bezogen Glück und Segen auf Gottes Barmherzigkeit und verstanden es, in lebendiger, dankbarer Beziehung mit ihrem Schöpfer zu leben. Und Gläubige Christen heute? Verstehen wir es, in Dank und Lobpreis mit Gott zu leben?