Statue der Gottesmutter
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Das Hochfest des Angelus (25.03.2022)

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Dreimal täglich betet die Kirche den Angelus, den Engel des Herrn, und erinnert dabei an jene Stunde in der Menschheitsgeschichte, welche die Wende in das Leben der Menschen brachte. Beim Beten des Angelus denken wir an Maria, eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, das mit einem Zimmermann verlobt war und in Nazareth lebte. In jener denkwürdigen, heiligen Stunde trat ein Engel bei ihr ein, um ihr die bedeutendste Frage zu stellen, die jemals einem Menschen gestellt wurde. Als Bote Gottes fragte er sie, ob sie die Mutter Gottes werden wolle. Mit Marias Ja änderte sich alles. Zunächst das Leben dieser einfachen jungen Frau, die ihrem Verlobten gegenüber in Erklärungsnotstand geriet; die sich gleichzeitig mit ihrer hohen Aufgabe vertraut machen musste, den Sohn Gottes zu erziehen und auf seine messianische Sendung vorzubereiten.

In Maria finden wir eine Frau, die sich ganz auf Gott verließ, auf ihn vertraute, dass alles gut werden würde. Sie war nicht naiv, im Gegenteil, was sie nicht verstand hinterfragte sie – aber dann vertraute sie Gott, dem ihr ganzes Sein geweiht war, bedingungslos.

Für seinen Sohn hat Gott sie geschaffen. In ihrer Vorerlösung, der Wegnahme der Erbsünde noch bevor Maria empfangen wurde, bereitete er die Gottesmutter schon auf diese außergewöhnliche Erwählung vor, damit sein Kind in ihr eine würdige Wohnung und eine heilige, makellose Mutter fand. Eine Heilige für den Heiligen. Einen lebendigen Tabernakel.

Wie eingangs schon erwähnt, erinnern wir uns morgens, mittags und am Abend beim läuten der Glocken an die Begegnung und den Dialog des Engels mit der Heiligen Jungfrau.

Zu Beginn des Gebetes wird das ganze Ereignis in einem einzigen Satz zusammengefasst: „Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft und sie empfing vom Heiligen Geist.“ Im darauffolgenden Ave Maria beten wir den Gruß des Erzengels Gabriel: „Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. Du bist gebenedeit unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht deines Lebens: Jesus.“

Dieser erste Gebetsteil im Ave Maria leitet sich ab vom Lukasevangelium, in dem es im ersten Kapitel heißt: „Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.“ Und nach dem ersten Erschrecken fährt der Engel fort: „Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben.“

Danach entsteht ein kurzer Dialog mit Verständnisfragen, denn Maria schwebt nicht im Entzücken über diese Erscheinung. Sie bleibt am Boden, bleibt rational und hinterfragt: „Wie soll denn das geschehen, da ich keinen Mann erkenne!“ Eine berechtigte Frage – sie ist noch nicht verheiratet. Maria denkt hier in ganz menschlichen Bahnen. Aber der Engel erklärt ihr, dass sie ihr Kind nicht von einem Mann, sondern von Gott selbst empfangen wird: „Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden.“

Gabriel erinnert sie abschließend daran, dass für Gott nicht unmöglich sei – und Maria glaubte! Und aus diesem Glauben heraus sagt sie jenes Wort, das die Rettung des Menschengeschlechts in die Wege leitet: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast.“ Dieses Not-wendende Wort der Gottesmutter betrachten wir im Engel des Herrn im zweiten Satz: „Maria sprach, siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort.“ In diesem Satz steckt das Aufatmen der ganzen Schöpfung, die bis dahin auf die Erlösung gewartet hat.

Auf das Wort der Gottesmutter hin, wird sich diese Hoffnung jetzt erfüllen, weil Gottes Geist sich auf seine Dienerin herabneigt, um den Sohn Gottes zu zeugen, wie wir im Credo bekennen: „gezeugt, nicht geschaffen“. Dieses Kind, das von da an in Maria heranwächst, nimmt Fleisch an, wird Leib und ganz Mensch durch den Leib und die Menschheit Mariens. Zugleich ist der Sohn Gottes auch „wahrer Gott vom wahren Gott“. Er ist „eines Wesens mit dem Vater“. Als Gottmensch – Gott und Mensch – ist Christus das Bindeglied zwischen Gott und den Menschen. Er versteht Gott, weil er Gott ist. Er versteht den Menschen, weil er Mensch ist.

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Diese zwei Naturen in einer Person vereint – nicht vermischt – machen Jesus einzigartig. Aus Liebe zu uns und zum Vater hat er es auf sich genommen, anders zu sein als alle anderen. Der Vater ist nur Gott, ebenso der Heilige Geist. Maria und wir alle sind nur Mensch. Einzig Jesus besitzt beide Wesensarten. Diese Tatsache stellt ihn auf einen sehr einsamen Posten. Er hat kein Gegenüber, das wie er – bildlich gesprochen – zwei Herzen in seiner Brust trägt. Es ist ein Geheimnis, das wir nie wirklich verstehen werden, Ausdruck einer unfassbaren Liebe, die wir im „Engel des Herrn“ mitbetrachten können.

Im letzten Satz dieses dreigliedrigen Gebetes sprechen wir: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Dieser Gott, seit Ewigkeit Sohn des Vaters, nimmt das Fleisch an von Maria. Das Wort Gottes wird greifbar, berührbar, fühlbar. Das Wort Gottes bekommt Arme, mit denen es uns umarmen kann, Füße, um uns entegegenzueilen und einen Leib, um uns zu erlösen und mit Gott zu versöhnen. Es bekommt ein Gesicht, das uns zulächelt und Augen, die uns liebevoll anblicken. Es bekommt eine menschliche Stimme, die uns Gottes Liebe erklärt und befreiende Worte zu uns spricht, die uns Hoffnung auf die Ewigkeit geben.

Der Angelus fügt deshalb auch die Bitte an: „Bitte für uns, heilige Gottesmutter, auf dass wir würdig werden der Verheißungen Christ.“

Im Schlussgebet des Angelus wenden wir uns an Gott, den Vater, selbst: „Allmächtiger Gott, gieße deine Gnade in unsere Herzen ein. Durch die Botschaft des Engels haben wir die Menschwerdung Christi, deines Sohnes, erkannt. Führe uns durch sein Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der Auferstehung. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.“ Hier ist nochmals das Gehimnis der Menschwerdung, unserer Erlösung und unserer Hoffnung, zusammengefasst.

„Der Engel des Herrn“ zählt zu den Grundgebeten, die jeder Christ auswendig beten können sollte. Beim Aufstehen, in der Mitte des Tages und am Abend versetzen wir uns täglich in das Gehemnis des heutigen Hochfestes, das der Ursprung, der Quell unserer Erlösung, ist. Rund um den Erdball eint uns dieses dankbare Erinnern an das beginnende Heilswerk Gottes und das zustimmende Ja der Gottesmutter, die in Christus auch unsere Mutter geworden ist.

Das Angelusgebet (1857–1859) von Jean-François Millet. Um 06:00, 12:00 und um 18:00 beim Läuten der Glocken, soll die Arbeit unterbrochen werden, um sich mit dem Beten des Angelus der Menschwerdung Christi zu erinnern und Gott als auch der Gottesmutter von Herzen dafür zu danken.