Statue der Gottesmutter
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Edith Stein, eine Patronin für Europa (09.08.2015)

„Ihr sollt sein wie ein Fenster, durch das Gottes Güte in die Welt hineinleuchten kann.“

Dieser Rat stammt von der konvertierten Jüdin Edith Stein, die als Sr. Teresia Benedicta vom Kreuz als Karmelitin lebte und während der Zeit des Nationalsozialismus als „Jüdin und Christin“ am 09. August 1942 dem Holocaust zum Opfer fiel. Knapp 45 Jahre später wurde sie am 01. Mai 1987 von Papst Johannes Paul II. in Köln seliggesprochen und am 11. Oktober 1998 fand in Rom die Heiligsprechung statt. Ein Jahr später wurde Edith Stein, zusammen mit der heiligen Birgitta von Schweden und der heiligen Katharina von Siena, zur Patronin Europas erklärt.

Durch ihr heiligmäßiges Leben wurde Sr. Teresia Benedicta zu einem Fenster, das uns die Güte Gottes erfahren lässt. Sie ging ihren bewegten Lebensweg im Vertrauen auf Gottes Güte mit großer Gelassenheit, wie eines ihrer vielen Zitate bezeugt: „Ich nehme, was kommt, und bitte nur, dass mir die nötigen Fähigkeiten dazu gegeben werden. Auf alle Fälle ist es eine gute Schule der Demut, wenn man beständig Dinge zu tun hat, die man mit großer Mühe nur sehr unvollkommen fertig bringt.“ Dass Edith Stein in einer tiefen, lebendigen Beziehung mit dem Herrn lebte, kann man von ihrem vergeistigten Gesicht ablesen. „Je gesammelter ein Mensch im Innersten seiner Seele lebt, umso stärker ist seine Ausstrahlung, die von ihm ausgeht und andere in seinen Bann zieht.“, lautet eine Aussage von ihr, die sie wohl aus eigener Erfahrung aussprechen konnte. Schon Jahre vor ihrer Ermordung nahm Edith Stein ihr vielleicht vorausgeahntes Martyrium an. Sie schrieb in ihrem Testament am 09. Juni 1939: „Schon jetzt nehme ich den Tod, den Gott mir zugedacht hat, in vollkommener Unterwerfung unter seinen heiligsten Willen mit Freuden entgegen. Ich bitte den Herrn, dass er mein Leben und Sterben annehmen möchte zu seiner Ehre und Verherrlichung, für alle Anliegen der heiligsten Herzen Jesu und Mariä und der Heiligen Kirche, insbesondere für die Erhaltung, Heiligung und Vollendung unseres heiligen Ordens, namentlich des Kölner und Echter Karmels, zur Sühne für den Unglauben des jüdischen Volkes und damit der Herr von den Seinen aufgenommen werde und sein Reich komme in Herrlichkeit, für die Rettung Deutschlands und den Frieden der Welt, schließlich für meine Angehörigen, lebende und tote und alle, die Gott mir gegeben hat: Dass keines von ihnen verloren gehe.“ Ihre Konvertierung zum katholischen Glauben brachte viele familiäre Spannungen mit sich, für ihre Mutter galt sie als eine vom Glauben Abgefallene. Aber Edith erkannte: „Sich an Christus halten, das kann man nicht, ohne ihm zugleich nachzufolgen.“ Dieser Liebe folgend, empfing sie am 14. Oktober 1933 die Taufe und trat am Festtag ihrer Namenspatronin Teresa von Avila in den Karmel ein.

Zeit ihres Lebens fühlte sich die Karmelitin jedoch dem jüdischen Volk zugehörig. Ihre Liebe zum Judentum wurde durch ihre Christusliebe nicht gebrochen, sondern weiter genährt und gestärkt. Das ging so weit, dass sie dem Herrn für das auserwählte Gottesvolk all ihre Leiden als Sühne anbot: „Ich muss immer wieder an die Königin Ester denken, die gerade darum aus ihrem Volk genommen wurde, um für das Volk vor dem König zu stehen. Ich bin eine sehr arme und ohnmächtige kleine Esther, aber der König, der mich erwählt hat, ist unendlich groß und barmherzig.“ Dass ihr Wechsel in die katholische Kirche in ihr selbst keinen Bruch mit ihren jüdischen Wurzeln mit sich brachte, führte sie auf das Wirken Gottes zurück: „Nur Gott kann sich selbst einem Menschen so schenken, dass er dessen ganzes Wesen erfüllt, und dabei von sich selbst nichts verliert.“

Sr. Teresia Benedicta vom Kreuz

Wie Christus war sie in ihrem Herzen ganz Jüdin geblieben, aber eine Jüdin, die ihren Messias gefunden hatte. Als Sühnopfer für ihr Volk zu leben und zu sterben, empfand sie als ihre besondere Berufung. Diesem Sühnegedanken blieb sie bis zum Schluss treu. Als sie mit ihrer Schwester Rosa, die ebenfalls konvertierte, am 02. August 1942 von der Gestapo aus dem Karmel in Echt zur Vernichtung abgeholt wurde, sagte Sr. Teresia Benedicta zu ihr: „Komm, wir gehen für unser Volk!“ Edith Steins Leben wirft für uns die Frage auf: „Wieviel bin ich bereit, für das Heil meines Volkes zu leiden, zu opfern?“ Nicht ohne Grund hat Johannes Paul II. Sr. Teresia Benedicta vom Kreuz (= die vom Kreuz Gesegnete) als Europapatronin gegeben.

Edith Stein, Philosophin, Frauenrechtlerin, Jüdin und Karmelitin. Sie steht uns als Beispiel gegenüber, als eine, die durch beharrliche Gottsuche und später durch ihre starke Gottes- und Menschenliebe, das erreichte, was heute für Europa so wichtig geworden ist: Sie einte in ihrem Lebensopfer die ihrem Herzen anvertrauten Völker.

Beten wir mit ihr, um ein in Christus geeintes Europa, damit der Segen Gottes sich auf unserem Kontinent wieder stärker ausbreiten kann. Und lassen wir uns von Gott verwenden, wozu er uns geschaffen und berufen hat. Erlauben wir ihm wie Edith Stein, an uns zu handeln, wie es ihm gefällt, damit auch wir einmal mit den Worten dieser Heiligen sagen können: „Was nicht in meinem Plan lag, das hat in Gottes Plan gelegen!“