Statue der Gottesmutter
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Ein Fest für alle Vollendeten (01.11.2019)

Allerheiligen ist ein Fest, das im Volk einen sehr düsteren Anstrich erhalten hat, was dem Festcharakter in keinster Weise entspricht. Sicher wirkt hier der nachfolgende Gedenktag Allerseelen hinein und das häufig neblige, unwirtliche Novemberwetter trägt zu dieser Stimmung ebenfalls bei. Aber:

Allerheiligen ist ein Fest der Freude

Die Entstehung dieses Hochfestes reicht zurück bis zu den Anfängen der Kirche. Bereits im 4. Jahrhundert gedachte man im Frühjahr aller Mäyrtyrer, die während der Christenverfolgungen gestorben waren. Märtyrer sind Heilige, die durch ihren Glauben und ihre Lebenshingabe für Christus geheiligt wurden und dadurch zur Vollendung gelangt sind.

Heilige Menschen leben aus den Sakramenten der Taufe und Firmung. Sie schöpfen aus den Sakramenten der Eucharisie und Buße. Es sind Menschen, die Gott in ihrem Leben nicht nur Raum gegeben haben, sondern ihn zu ihrem Lebensmittelpunkt gemacht haben. Sie strahlen Gott in diese Welt hinein. Sie wirken mit der Gnade mit und werden durch die Gnade in der Liebe vollendet. Das wird bei Märtyrern ganz offensichtlich, denn Jesus sagte: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ Märtyrer haben Gott bis zum Äußersten geliebt. Sie haben der Frohen Botschaft geglaubt, an der Verheißung des ewigen Lebens festgehalten und ihr irdisches Leben geringgeachtet.

Neben den Märtyrern hat die Kirche aber auch viele Menschen selig  und heilig gesprochen, damit wir in ihnen ein nachahmenswertes Beispiel haben. Aber noch mehr hat die „triumphierende Kirche“ Heilige ungezählter Zahl und unbekannter Gesichter. Dazu gehören jene, die ihre Heiligkeit sehr verborgen gelebt haben. Mütter und Väter, Priester und Ordensleute, die in aller Stille und Bescheidenheit ein frommes Leben geführt haben. Und auch jene gehören der triumphierenden Kirche an: Die Männer und Frauen, die nach ihrem Tod durch Läuterung der Seele zur Vollkommenheit gelangt sind. Das heißt: auch ihr Leben war letztendich in der Liebe vollendet. Der vollkommen heilige Mensch ist der vollkommen liebende Mensch.

Unser Ziel ist es, Liebe zu werden

Therese von Lisieux sagte es einmal: „Aus Liebe leben, das heißt unaufhörlich weiterfahren, den Frieden, die Freude in alle Herzen säend.“ In einem anderen Zitat von ihr lesen wir: „Ich fühlte die Liebe in mein Herz einziehen, das Bedürfnis, mich selbst ganz zu vergessen, um anderen Freude zu machen, und seitdem war ich glücklich. …ich habe es nie bereut, mich für die Liebe entschieden zu haben.“

Ebenso stellte diese großartige Kirchenlehrerin eines Tages fest: „Es gibt nur eins zu tun auf dieser Erde: Jesus zu lieben mit allen Kräften unseres Herzens und für ihn Seelen zu retten, damit er geliebt wird.“ Denn, „die Heiligkeit besteht nicht in dieser oder jener Übung; sie besteht in der Einstellung des Herzens, die uns in den Armen Gottes demütig und klein macht, in der wir uns unserer Schwachheit bewusst sind und bis zur Verwegenheit auf die Güte des Vaters vertrauen... Wir müssen unsere Unvollkommenheit annehmen und lieben und nicht länger daran arbeiten, Heilige zu werden, sondern nur uns mühen, Gott Freude zu machen.“

Thereses kleiner Weg ist eine Anleitung zur Heiligkeit. Ihr Weg ist ein einfacher Weg. Er ist der Weg der geistlichen Kindschaft, der dem Wort Jesu folgt, als er ein Kind herbeirief, es beispielhaft in ihre Mitte stellte und sagte: „Amen, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen. Wer sich so klein macht wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte. Und wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf.“

Oft hört man den Spruch: „In jedem Erwachsenen steckt noch ein Kind.“ Dieses Kind, das sich Gott vertrauensvoll in die Hände legt, haben die Heiligen in sich zu wecken verstanden. Sie hatten den Mut, vor Gott ein Kind zu sein, das sich voll und ganz seinem Willen – und damit seiner Barmherzigkeit überlassen konnte. Haben auch wir den Mut, uns Gott bedingungslos zu überlassen? Unser ganzes Vertrauen auf ihn zu setzen? Ist er unser guter Vater, an dessen Liebe wir nicht zweifeln – auch nicht in den schlechten Tagen?

Therese hatte eine große Sehnsucht: „Lieben, geliebt werden und auf die Erde wiederkommen, um zu bewirken, dass die Liebe gelebt werde.“ Darin besteht das Sehnen der Heiligen. Sie liebten Gott über alles, sie verdrängten aus ihrem Leben alles, was nicht Liebe war, und warfen sich förmlich in die Liebe Gottes hinein. Sie haben sich von Gott lieben lassen – und das ist gar nicht so einfach, denn lieben lassen bedeutet passiv sein und der Mensch neigt nur allzu stark dazu, aktiv zu sein.

Sich lieben lassen, das ist der Himmel. Eintauchen in die ewige Liebe Gottes und sich von dieser Liebe erfüllen lassen bis sie überfließt, durch uns hindurchfließt, um anderen die Liebe Gottes zu bringen. Das ist die Aufgabe der Heiligen in unserem Leben: Uns durch ihre mächtige Fürbitte die Liebe Gottes zu vermitteln. Was macht ihre Fürbitte so mächtig? Die Liebe. Denn ihre Bitte strömt aus einem absolut liebenden Herzen und das rührt das Herz Gottes, das nur Liebe ist. Therese gibt zu bedenken: „Schöne heilige Gedanken denken, Heiligenleben schildern, das alles wiegt es nicht auf, einer Frage, einer Bitte liebevoll Antwort zu geben.“

Heilige sind liebe-volle Menschen. Und weil jeder Mensch sein Herz, sein ganzes Wesen, mit dieser ewigen Liebe Gottes füllen kann, ist auch jeder fähig heilig zu werden. Diese Heiligkeit beginnt und vollendet sich mit ganz kleinen Werken der Liebe, zum Beispiel mit einem Lächeln. Um es nochmals mit den Worten Thereses auszudrücken: „Ein Lächeln ist ein Licht, das Leben und Hoffnung sichtbar macht.“

Mutter Teresa empfahl: „Friede beginnt mit einem Lächeln. Lächle fünfmal am Tag einem Menschen zu, dem du gar nicht zulächeln willst: Tue es um des Friedens willen… Wir werden nie wissen, wie viel Gutes ein einfaches Lächeln vollbringen kann…  Lasst uns immer mit einem Lächeln begegnen, denn ein Lächeln ist der Beginn der Liebe.“ Und Liebe ist Heiligkeit.

Heilige sind Lichter, aus denen Gottes Liebe leuchtet.

Sie strahlen sein Licht hinein in die Finsternis dieser Welt.

Aus Liebe leben …

Aus Liebe leben, heißt, dich treu behalten, o unerschaffner Sohn, des Vaters Wort!
Du kennst mein Herz, o nie wird es erkalten, der Heilige Geist entflammt es immerfort.
Durch Liebe zieh‘ ich auch mein ganz Verlangen, den Vater, mir herab, und er bleibt mein.
Dreifaltigkeit, das Herz hält dich gefangen durch Lieb‘ allein.

Aus Liebe leben, heißt dir nachzustreben, glorreicher Herr, der Heil’gen Seligkeit.
Im Sakrament verborgen ist dein Leben, für dich verkannt zu sein, bin ich bereit.
Geliebten gleich, die Einsamkeit erwählen, um Herz an Herz mit sich allein zu sein;
Dein Blick schon spendet Himmelslust den Seelen. Ich leb‘ aus Lieb‘ allein.

Aus Liebe leben, heißt, die Furcht verbannen, vergessen die vergang’nen Sünden auch.
Von meiner Schuld floh jede Spur von dannen, im Gottesfeuer schwand sie fort wie Rauch.
O heil’g Flamme, milde Glut, ich bringe mein Herz, in dir soll seine Wohnung sein.
Damit aus voller Lust es immer singe: Ich leb‘ von Lieb‘ allein.

Aus Liebe leben, heißt in mir bewahren ein großes Gut, obgleich ich sterblich bin,
Bei meinen vielen Schwächen und Gefahren fehlt mir der Engel Gottes reiner Sinn.
Und fall‘ ich stündlich auch auf meinem Pfade, du, Herr, erhebst die schwache Seele mein,
Kommst in mein Herz und schenkst mir deine Gnade. Ich leb‘ von Lieb‘ allein.

Aus Liebe sterben, dahin geht mein Denken, die Harfe, Cherubinen, holt herbei!
O süße Qual, bald kann ich heimwärts lenken! Die Zeiten der Verbannung sind vorbei. . . .
O Liebesglut, du wollest mich erfüllen, o Liebepfeil, durchbohr das Herze mein!
O süßer Jesu, komm den Wunsch zu stillen: Laß sterben mich aus Lieb‘ allein!

Aus Liebe sterben ist mein süßes Hoffen! Wenn einst die Seele ihre Fesseln sprengt,
Steht ihr die ew’ge Himmelsfreude offen, sie ist bei Gott, der ew’gen Lohn ihr schenkt.
O, seine Liebe wird mich ganz verzehren! Wann hüllt ihr Flammenmantel ganz mich ein?
Das ist mein Himmel, Ziel und heiß Begehren: Zu leben nur aus Lieb‘ allein.

Auszug aus einem Gedicht der heiligen Therese von Lisieux, 25. Februar 1895.