Statue der Gottesmutter
Menü

Ein lebendiger Tabernakel eilt uns entgegen (02.07.2020)

Jedes Fest zu Ehren der Muttergottes ist für unsere Gemeinschaft, welche der Unbefleckten Empfängnis geweiht ist, ein besonderer Festtag.

Mariä Heimsuchung

am 2. Juli gefeiert, vergegenwärtigt uns den Besuch Marias bei ihrer Base Elisabeth. Bei diesem Gang über das Gebirge wurde sie zur ersten Verkünderin des Sohnes Gottes, indem sie ihn zu ihren Verwandten, und damit unter die Menschen, brachte. Johannes, der Täufer, noch ungeboren, erkannte seinen Herrn und „hüpfte vor Freude im Leib seiner Mutter.“

Weil Maria in ihrer Schwangerschaft den Sohn Gottes mit ihrem Leib umfing und in sich barg, wird sie als erster Tabernakel  bezeichnet.

Daran soll auch unser freistehender Tabernakel in unserer Kapelle in Vorau erinnern, auf dem gleich auf drei Seiten Maria abgebildet ist. Nur die Türen an der Vorderseite weisen Christussymbole auf. Die anderen Seiten zeigen Maria bei der Verkündigung, Maria als Mutter Gottes und Maria als Leidensmutter, deren Herz von einem Schwert durchbohrt ist. Auch nach der Geburt blieb sie ein lebendiger Tabernakel, denn sie trug ihren Sohn immer im Herzen.

Unser Tabernakel in der Vorauer Spitalskapelle

bringt auch noch eine andere Wirklichkeit ans Licht: Der Blick des Betrachters fällt auf die Türen mit den Christussymbolen. Maria muss man entdecken, denn an den Seitenflächen und noch mehr auf der Rückseite dieses goldenen Hauses, kann man die Gottesmutter auf den ersten Blick nicht erkennen.

Sie bleibt vielen verborgen. Maria drängt sich nicht auf, sie ist von sich aus immer im Schatten ihres Sohnes. Und doch ist sie Miterlöserin von Anfang an. Sie, die sich im Schatten des Allmächtigen birgt, steht jetzt im Lichtglanz des Himmel und wurde zur Königin über Engel und Menschen gekrönt.

„Wer bin ich, dass die Mutter meines Erlösers zu mir kommt?“

Aber, um beim Festgeheimnis zu bleiben, noch ist Maria davon weit entfernt. Sie trägt ihren kleinen Jesus in ihrem Schoß und eilt Elisabeth entgegen – selbstlos – um ihrer Tante zu helfen, die in ihrem vorgerückten Alter ihr erstes Kind erwartet. Durch göttlichen Ratschluss verbindet die beiden Frauen vieles: die außergewöhnlichen Umstände hinsichtlich der Empfängis ihrer Kinder, die zumindest teilweise gemeinsame Zeit der Schwangerschaft, ihre tiefe Gottesliebe, ihr unerschütterlicher Glaube und ihre Kinder, für die der Herr einen außergewöhnlichen Auftrag in seinem Heilsplan hat. Diese Lebenspläne Gottes verbinden die beiden Kinder von Anfang an. Der eine, Jesus, ist der Gesandte, der andere sein Bote, sein Verkünder, sein Vorläufer, Johannes. Er wird das Volk mit dem Messias bekannt machen.

Schon im Mutterleib erkennt Johannes seinen Messias und er hüft vor Freude. Aber auch Elisabeth ist offen für das Wirken des Heiligen Geistes und erkennt Jesus, den erwarteten Retter, im Schoß der Heiligen Jungfrau. Deshalb ruft sie aus: „Wer bin ich, dass die Mutter meines Erlösers zu mir kommt?“

Das ist eine Frage, die auch wir uns stellen dürfen. In Guadalupe kommt Maria auch als schwangere Frau zu uns, als Mutter des Messias. Das Azthekenvolk konnte das Bild lesen, welches auf unerklärliche Weise auf der Tunika des Juan Diego vor den Augen des Bischofs entstanden ist. Sie erkannten Jesus als Herrn und Gott und Maria als Mutter Gottes. Im Gnadenbild von Guadalupe will uns Maria begegnen wie einst ihrer Tante Elisabeth.

Und wir? Hüpfen wir vor Freude wenn wir vor Maria stehen? Erkennen wir das Kind in ihr? Das Gnadenbild Unserer Lieben Frau von Guadalupe zeigt Maria in der Haltung einer betenden und zugleich tanzenden Frau. Diese Abbildung stellt Maria im Augenblick des Magnifikats dar, das sie bei ihrer Begegnung mit Elisabeth anstimmte: „Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter!“

Mehr als 2000 Jahre später stimmt die ganze Kirche täglich das Lied der Gottesmutter an. In jeder Vesper, dem Abendgebet der Kirche, lobpreisen wir Gott mit den Worten der Jungfrau aus Nazareth, deren Herz von einer unsagbaren Freude erfüllt war. Die Kunst des Betens besteht hierbei darin, dieses Gebet nicht zur Gewohnheit verkommen zu lassen, sondern sich geistig in die Haltung Marias hineinzugeben, ihre Freude in sich selbst widerhallen zu lassen und mit ihr zusammen eine lobpreisende Stimme zu werden, die das Lob Gottes nie mehr verstummen lässt.

Große Geheimnisse verbinden die beiden Frauen gleichermaßen wie ihre beiden Kinder. An ihnen dürfen wir erkennen, dass Gott für jeden einen Heilsplan hat und dass für jedem in diesem Plan eine heilbringende Aufgabe vorgesehen ist. Jedes Ungeborene Kind träg ein großes Geheimnis in sich. Beten wir, dass die Eltern der Kinder ihnen das Leben schenken, damit sie ihre Aufgabe im Heilsplan Gottes eines Tages erfüllen können.

Wer ein Kind großzieht, hilft ihm, ein Helfer Gottes, ja Miterlöser zu werden. Allzuviele Menschen wissen das heute nicht mehr. Sie kennen weder die Pläne, die Gott mit ihnen hat, noch die, die er für ihre Kinder hat. Sie sind sich nicht bewusst, dass sie eine imense Verantwortung hinsichtlich der Ewigkeit und dem Gesamtheil der Menschheit haben.

Danken wir Maria und Elisabeth, dass sie JA gesagt haben zu ihren Kindern, zu den Plänen Gottes. Danken wir ihnen, weil sie sich ganz für seine Pläne verwenden ließen. Und vergessen wir nicht: Jedesmal, wenn wir Maria begegnen, stehen wir der Mutter unseres Herrn gegenüber. Und wer sind wir, dass wir dazu würdig sind? Bedrückt müssen wir zugeben, dass wir die sind, die ihren Sohn durch unsere Sünden geschmäht, gegeißelt, gekreuzigt und letztendlich getötet haben. Also, wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?