Statue der Gottesmutter
Menü

Gebetsstunde zum Sterbetag unserer Gründerin (09.02.2014)

© CCIM

Was passiert, wenn sich ein armes Bauernmädchen ganz der Führung Gottes überlässt?

Es entsteht ein großes Werk in den Händen Gottes.

Barbara Sicharter, geboren am 4. Dezember 1829, aufgewachsen auf dem Kroneggerhof in Wenigzell, hat sich von Gott ansprechen lassen. So richtig nachdenklich wurde sie, als Gott ihr gewissermaßen einen morschen Baum in den Weg gelegt hatte. Oft baut der Herr auch vor uns Hindernisse auf, um daran zu reifen. Für Barbara stellte sich durch diese Begebenheit die alles entscheidende Frage: „Was wäre, wenn ich trotz äußerer Schönheit und Kraft innerlich krank, morsch und hohl wäre?“ Gott macht nachdenklich. Er wählt oft die banalsten Dinge, um zu uns zu sprechen. Das Herz der 25-jährigen war durch ein gläubiges Umfeld schon bereitet und hellhörig für den Anruf Gottes.

Barbara Sicharter hat gezeigt, dass man an den Kleinigkeiten des Lebens nicht unbedacht vorübergehen darf, sondern die Augen offen halten muss, weil sich Gott in allem offenbaren kann – und wenn’s nur ein umgefallener Baum ist.

Bewegt von diesem Erlebnis ging die junge Frau in sich, um ihr Inneres, ihre Seele, im Glauben zu kräftigen und ganz auf Gott auszurichten. Am Fest der Unbefleckten Empfängnis (8. Dezember) im Jahre 1861 sprach Gott erneut zu ihr durch eine Krankheit, durch die sie fünf Monate das Krankenbett nicht mehr verlassen konnte. Mit den eigenen Grenzen konfrontiert, drang sie auf das Wesentliche vor und erkannte ihre Berufung: Ein Leben der Hingabe an Christus mit Gleichgesinnten. Damit war sie aber noch nicht am Ziel ihres ersten Lebensabschnittes. Ihre Vision von einer neuen Ordensgemeinschaft und ihr Entschluss zu diesem Schritt mussten sich einer langen Prüfung unterziehen.

Am 30. Mai 1965 öffneten sich endlich alle Türen ...

... und sie trat gemeinsam mit ihrer Freundin den Weg in ein neues Leben in der Nachfolge Jesu an. In Vorau bezogen sie ein altes Gasthaus, das „Tonihäusl“. Diesen mutigen Schritt lohnte Gott sehr bald mit weiteren jungen Frauen, die sich ihnen anschlossen. Karl Engelhofer, ein Augustiner Chorherr aus dem nahe gelegenen Stift Vorau, begleitete diese kleine Gemeinschaft auf ihrem geistlichen Lebensweg. Nach und nach gab Gott seinen konkreten Willen zu erkennen. Die Kranken- und Armenpflege wurde der missionarische Auftrag der marianisch geprägten Gemeinschaft. Gott schenkte weitere Berufungen – und genügend Arbeit.

Bereits 10 Jahre nach der Gründung musste ein größeres Haus gekauft werden, um Patienten und Schwestern beherbergen zu können. Der Umzug ins „Stroblhaus“, dem heutigen Mutterhaus, erfolgte mit sieben Schwestern und zehn Kranken. Und Gott ließ weiter wachsen, sodass zehn Jahre später ein Zubau notwendig wurde. Der Umbau brachte den Schwestern die lang ersehnte Kapelle. Sie begannen sich einheitlich zu kleiden: Sie wählten dafür blaue Kleider und Schürzen mit weißen Halstüchern und trugen dazu blaue oder schwarze Kopftücher. Ob ihrer Kleidung wurden die Schwestern, die Mitglieder des Dritten Ordens des heiligen Franziskus waren, von der Bevölkerung bald die „Blauen Schwestern“ genannt.

Am 4. November 1897 wurde die kleine Schwesternschar ein staatlicher Verein ...

... mit dem Titel „Gesellschaft zu Ehren der seligsten Jungfrau Maria ohne Makel der Erbsünde empfangen“ und Barbara Sicharter ging aus der ersten Wahl als Oberin hervor. Dieses Amt, das sie vom ersten Tag an inne hatte, jetzt durch die Wahl aber einen offiziellen Charakter bekam, bekleidete sie bis zu ihrem Tod. Ein Jahr nach ihrer Wahl erlebte sie die Freude, dass sich die Schwestern endlich klösterlich kleiden durften – die Ordenstracht der Vorauer Marienschwestern wurde festgelegt und am Rosenkranzfest 1898 zum ersten Mal getragen.

Mutter Barbaras größter Wunsch erfüllte sich erst einige Jahre später. Knapp eineinhalb Jahre vor ihrem Tod, am 4. November 1903, wurde in der Schwesternkapelle die erste heilige Messe gefeiert und der Tabernakel mit dem Allerheiligsten wurde Mutter Barbaras liebster Aufenthaltsort. Wie groß ihre Sehnsucht nach Christus war, bekundete sie in einem unwillkürlichen Ausruf: „Mir kommt vor, ich muss den Tabernakel aufreißen!“ An der Hand der Unbefleckten Empfängnis, der Jungfrau Maria, zu Christus gehen, war wohl das Lebensmotto unserer Gründerin. Gott zu lieben und ihm zu begegnen war ihre unbändige Sehnsucht, die sie dazu antrieb, alles vertrauensvoll in seine Hände zu legen. Sie muss sich von Gott wahrhaft geliebt gewusst haben, denn sie konnte ihm mit ganzem Herzen vertrauen und so alles aus seinem liebenden Herzen erwarten und empfangen. Unter ihren Händen ging das Essen für die Armen nie aus und in schweren Stunden konnte sie sich selbst und Ratsuchenden mit Gelassenheit sagen:

„Gott wird schon sorgen!“

In diesem Vertrauen legte sie am 9. Februar 1905, ihr bewegtes Leben in Gottes Vaterhände zurück, in der Erwartung, dass Gott ihre letzte Sehnsucht stillt: Die ewige Gemeinschaft mit ihm.

Dieser großen Frau, die an ihrem 100. Todestag (2005) von der Gemeinde Vorau mit einer Büste geehrt wurde, gedachten wir heute mit einer Anbetungsstunde, um dem Herrn Dank zu sagen für ihr Leben, das sie für Gott und die Menschen hingegeben hatte. Gott hat seine Pläne durch Mutter Barbara verwirklicht und vielen Menschen Raum geschaffen und Gutes getan.