Statue der Gottesmutter
Menü
© ccim

Josef, Schatten des Vaters – Teil 1 (19.11.2021)

© pixabay free

Im Apostolischen Schreiben „Patris corde“ beleuchtet der Heilige Vater auch das Schattendasein des heiligen Josef: „In seinem Buch ,Der Schatten des Vaters‘ erzählte der polnische Schriftsteller Jan Dobraczyński in Romanform das Leben des heiligen Josef. Mit dem eindrucksvollen Bild des Schattens umreißt er die Gestalt Josefs, der in Bezug auf Jesus der irdische Schatten des himmlischen Vaters ist. Er behütet und beschützt ihn, er weicht nicht von ihm und folgt seinen Schritten. Denken wir an das, was Mose dem Volk Israel in Erinnerung ruft: „In der Wüste [...] hat der Herr, dein Gott, dich auf dem ganzen Weg […] getragen, wie ein Mann sein Kind trägt“ (Dtn 1,31). So hat Josef sein ganzes Leben lang die Vaterschaft ausgeübt. Als Vater wird man nicht geboren, Vater wird man. Und man wird zum Vater nicht einfach dadurch, dass man ein Kind in die Welt setzt, sondern dadurch, dass man sich verantwortungsvoll um es kümmert. Jedes Mal, wenn jemand die Verantwortung für das Leben eines anderen übernimmt, übt er ihm gegenüber in einem gewissem Sinne Vaterschaft aus."

Viele Menschen haben mit ihren leiblichen Vätern oder Stiefvätern eine schlechte Erfahrung gemacht. Sie erlebten sie als dunklen Schatten über ihrem Leben. Wenn das Bild des Schattens für den heiligen Josef angewandt wird, so ist das ein positives Erleben von Schutz und Halt.

Josef, der sich sein ganzes Leben lang an Gott, dem himmlischen Vater, orientiert hat, ist geprägt von der väterlichen Liebe und Sorge Gottes. Kennzeichnend für Josef ist, dass er wie ein Schatten mit Jesus verbunden war, so, wie wir unseren Schatten nicht abwerfen können, solange wir im Licht stehen.

Das Motiv des begleitenden Schattens ist ein sehr schönes Bild für die Verantwortung der Väter. Es bedeutet, dass der Vater wie ein Schatten mit unseren Schritten verbunden ist. Als Schatten liegt er hinter uns, wenn wir auf das Licht – auf Gott – zugehen. Das heißt, im optimalen Fall stehen Väter nicht zwischen den Kindern und Gott. Sie fördern als Abbild Gottes das Erahnen der Liebe Gottes zu uns Menschen. Sie sind da, ohne den Weg zu versperren und geben den Blick auf Gott und seinen Willen frei. Sie stärken den Rücken, ohne zu binden.

 

© pixabay

Mütter und Väter sind wie Wurzeln eines Baumes. Die Wurzel bleiben verborgen, geben dem Baum aber Halt und Stabilität. Sie erden den Baum und ernähren ihn. Ein Leben lang zehren wir von dem, was wir von unseren Eltern empfangen und gelernt haben.

Die Bilder des Schattens oder der Wurzeln bilden einen krassen Gegensatz zu den sogenannten Helikoptereltern, die ständig um ihre Kinder kreisen, um sie zu kontrollieren.

Väter sollen Abbilder Gottes sein. Wir können Gott nicht sehen, oft über lange Wegstrecken nicht erfahren und doch wissen wir, dass er da ist und für uns sorgt. Väter stehen für die Treu und Beständigkeit in unserem Leben, für Schutz und Fürsorge. Ihre Aufgabe ist es, uns den Vater im Himmel zu zeigen, in einem möglichst unverzerrten Bild.

Josef war der optimale Vaterersatz für Jesus, ein unverzerrtes Abbild Gottes. Dem Herzen nach ist er Jesus wirklich ein guter Vater geworden. Seine Vaterliebe hat ihn zu einem aufrechten jungen Mann heranwachsen lassen. Jesus hat nicht nur das Handwerkliche von Josef gelernt. Weitaus mehr lernte Jesus von ihm, wie man seine Seele und seinen Geist nach dem Willen des Vaters formt und ein gerechter Jude wird. Auch uns hat Josef viel zu sagen. Wenn wir sein Leben betrachten, dann können auch wir von ihm lernen, ein guter Christ zu werden, ein Kind Gottes. Josef kann das mitunter angeschlagene Vaterbild in uns wieder herstellen. Indem wir auf ihn, den Schatten des himmlischen Vaters, schauen, dürfen wir Gott in seiner väterlichen Liebe kennenlernen.

© pixabay

„In der Gesellschaft unserer Zeit scheinen die Kinder oft vaterlos zu sein.“, meint Papst Franziskus. Und er weist auf eine große Notwendigkeit hin: „Auch die Kirche von heute braucht Väter. Die Mahnung, die der heilige Paulus an die Korinther richtet, bleibt immer aktuell: „Hättet ihr nämlich auch unzählige Erzieher in Christus, so doch nicht viele Väter« (1 Kor 4,15); und jeder Priester oder Bischof sollte wie der Apostel hinzufügen können: „In Christus Jesus habe ich euch durch das Evangelium gezeugt“ (ebd.). Und zu den Galatern sagt Paulus: „Meine Kinder, für die ich von Neuem Geburtswehen erleide, bis Christus in euch Gestalt annimmt“ (4,19).

Wie viele andere Eltern auch, hat Josef in seiner Vaterschaft nicht nur gelehrt, sondern auch von Jesus gelernt. In dem Maß, in dem Jesu Weisheit zunahm, nahm Christus auch in Josef Gestalt an. Seine erste große und harte Lektion, die überliefert ist, erhielt Josef, als er Jesus im Tempel verloren hatte. Während Maria ihren Sohn zur Rede stellte und ihn fragte, wie er ihnen das antun konnte, sprach Josef kein Wort. Er war tief betroffen, Gottes Sohn verloren zu haben, weil er nicht achtsam genug war. Er hat auch erfahren, dass Jesus seinen wahren Vater ganz und gar gefunden hatte. Er musste in dem sein, was seines Vaters ist. Deshalb blieb er im Tempel, im Haus Gottes. Josef hat in der Erziehung alles richtig gemacht: Jesus löste seinen Blick vom Schatten um ins Licht zu schauen.

„Vater zu sein bedeutet, das Kind an die Erfahrung des Lebens, an die Wirklichkeit heranzuführen.“, erklärt der Heilige Vater und führt dazu weiter aus: „Nicht, um es festzuhalten, nicht, um es einzusperren, nicht, um es zu besitzen, sondern um es zu Entscheidungen, zur Freiheit, zum Aufbruch zu befähigen. Vielleicht aus diesem Grund spricht die Tradition Josef nicht nur als Vater an, sondern fügt hier noch das Wort „keusch“ hinzu.

Dies ist nicht eine rein affektive Angabe, sondern drückt eine Haltung aus, die man als das Gegenteil von „besitzergreifend“ bezeichnen könnte. Keuschheit ist die Freiheit von Besitz in allen Lebensbereichen.

© pixabay

Nur wenn eine Liebe keusch ist, ist sie wirklich Liebe. Die Liebe, die besitzen will, wird am Ende immer gefährlich, sie nimmt gefangen, erstickt und macht unglücklich. Gott selbst hat den Menschen mit keuscher Liebe geliebt und ihm die Freiheit gelassen, Fehler zu machen und sich gegen ihn zu stellen. Die Logik der Liebe ist immer eine Logik der Freiheit, und Josef war in der Lage, in außerordentlicher Freiheit zu lieben. Er hat sich nie selbst in den Mittelpunkt gestellt. Er verstand es, zur Seite zu treten und Maria und Jesus zur Mitte seines Lebens zu machen.“

Jesus hätte nicht Christus, der Messias, sein können, hätte Josef ihn mit menschlicher Liebe gebunden. In dieser Liebe, die den anderen vollkommen frei lässt, ist uns der heilige Josef ein echter Lehrmeister. Ein Beispiel dafür gibt er uns im Tempel von Jerusalem. Er hält Jesus keine Strafpredigt, er lässt ihm die Freiheit in der Erkenntnis, dass er seinen wahren Vater gefunden hat. Er belehrt nicht, er fordert nicht ein. Er diskutiert nicht. Er lässt zu, dass Jesus sich selber findet. Schatten des Vaters zu sein bedeutet auch, Freiraum zu lassen für Gott. Das hat uns Josef vorgelebt. Das dürfen und sollen wir nachahmen.

Gebet zum heiligen Josef um die Tugend der Keuschheit

O heiliger Josef, du Vater und
Beschützer der jungfräulichen Seelen,
heiliger Josef, der du mit der Gottesmutter Maria
und unserem Erlöser Jesus Christus
verbunden wurdest,
nimm an diese Bitte aus der Tiefe meines Herzens.
Erbarme dich in der Fürsprache
bei der Heiligen Jungfrau Maria,
bei unserem Erlöser Jesus und bei Gottvater:
Erwirke mir die Gnade der Keuschheit,
damit ich von aller Unreinheit bewahrt werde;
damit ich mit unbeflecktem Gemüte,
reinem Herzen und keuschem Leibe
dem dreieinigen Gott und der Jungfrau Maria
immerdar in Treue und Gehorsam dienen möge. Amen.

© pixabay