Statue der Gottesmutter
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Maria, Mutter der Kirche (10.06.2019)

Im vergangenen Jahr hat Papst Franziskus einen neuen Mariengedenktag in den Römischen Generalkalender eingeführt. Für den Gedenktag der „Seligen Jungfrau Maria, Mutter der Kirche“, wurde der Pfingstmontag festgelegt. Im hierzu, am 11. Februar 2018, dem 160. Jahrestag der ersten Erscheinung der Jungfrau Maria in Lourdes, erlassenen Dekretes „Leatitiae plena“ wird zum Titel der Gottesmutter als Mutter der Kirche erklärend festgehalten:

„Die freudige Verehrung der Mutter Gottes in der Kirche unserer Tage kann bei der Betrachtung des Geheimnisses Christi und des Wesens der Kirche die Frauengestalt (vgl. Gal 4,4) nicht vergessen, die Jungfrau Maria, die zugleich Christi Mutter und Mutter der Kirche ist. Dies war im kirchlichen Denken gewissermaßen schon gegenwärtig in den vorwegnehmenden Worten des heiligen Augustinus und des heiligen Leo des Großen. Der erste sagt, dass Maria die Mutter der Glieder Christi ist, da sie mit ihrer Liebe mitgewirkt hat an der Wiedergeburt der Gläubigen in der Kirche. Indem der andere sagt, die Geburt des Hauptes sei auch die Geburt des Leibes, zeigt er, dass Maria zugleich Mutter Christi, des Sohnes Gottes, und Mutter der Glieder des mystischen Leibes, also der Kirche, ist. Diese Überlegungen entspringen der göttlichen Mutterschaft Mariens und ihrer Verbindung mit dem Wirken des Erlösers, das in der Stunde des Kreuzes gipfelt. Denn unter dem Kreuz Christi stehend (vgl. Joh 19,25) empfing die Mutter das Vermächtnis der Liebe ihres Sohnes, durch das sie alle Menschen, dargestellt im geliebten Jünger, als Söhne annahm, damit sie zum göttlichen Leben neu geschaffen würden. So wurde sie zur liebevollen Nährmutter der Kirche, die Christus am Kreuz den Geist aushauchend gebar. Christus wiederum erwählte im geliebten Jünger alle anderen als Vertreter seiner eigenen Liebe zur Mutter, denen er sie anvertraute, damit sie sie mit kindlicher Liebe ehren. Als Trösterin und Lehrerin der werdenden Kirche übernahm Maria also ihre mütterliche Sendung im Abendmahlssaal, indem sie mit den Aposteln betete, die das Kommen des Heiligen Geistes erwarteten (vgl. Apg 1,14). In diesem Sinn ehrte die christliche Frömmigkeit im Lauf der Jahrhunderte Maria mit verschiedenen, gewissermaßen gleichbedeutenden Titeln als Mutter der Jünger, der Gläubigen, der Glaubenden, aller, die in Christus wiedergeboren werden, aber auch mit dem Titel „Mutter der Kirche“, der in den Texten geistlicher Schriftsteller und auch des Lehramts von Benedikt XIV. und Leo XIII. aufscheint.“[1]

Robert Kardinal Sarah greift in seinem Kommentar zum eben zitierten Dekret das Johannesevangelium erneut als besondere Quelle dieser Mutterschaft Mariens auf: „In zweitausend Jahren Geschichte hatte die Empfindung des christlichen Volkes in verschiedener Weise die kindliche Verbindung erfasst, die die Jünger Christi mit der heiligsten Mutter eng vereint. Von dieser Verbindung gibt der Evangelist Johannes ausdrücklich Zeugnis, als er über das Vermächtnis des sterbenden Christus am Kreuz berichtet (vgl. Joh, 19,26-27). Nachdem er die eigene Mutter den Jüngern anvertraut hat, und zugleich die Jünger der Mutter, hauchte der sterbende Christus im Bewusstsein, dass „alles erfüllt war“, „den Geist“ dem Leben der Kirche ein, die sein mystischer Leib ist: denn „aus der Seite des am Kreuz entschlafenen Christus ist das wunderbare Geheimnis der ganzen Kirche hervorgegangen“ (Sacrosanctum Concilium, Nr. 5).[2]

Kardinal Sarah führt den Gedanken weiter aus: „Das Wasser und das Blut fließen aus dem Herzen Christi am Kreuz hervor, vollkommenes Zeichen seiner erlösenden Hingabe, und flößen über die Taufe und die Eucharistie der Kirche weiterhin sakramental Leben ein. In dieser geheimnisvollen Gemeinschaft, die sich zwischen dem Erlöser und den Erlösten immer von neuem fortsetzen muss, hat die heiligste Maria ihre mütterliche Sendung zu erfüllen.“[3]

Der selige Papst Paul VI. erklärte beim Abschluss der dritten Session des
II. Vatikanischen Konzlis Maria zur „Mutter der Kirche, das heißt zur Mutter des ganzen christlichen Volkes, seien es die Gläubigen, seien es die Hirten, die sie ihre geliebte liebendste Mutter nennen“ …[er] und verfügte, dass „mit diesem Titel das ganze christliche Volk von nun an noch größere Verehrung der Gottesmutter zuteilwerden lässt und ihre Bitten an sie richte“.[4]

1975 wurde die Votivmesse zu Ehren der Seligen Maria, Mutter der Kirche ins Messbuch eingefügt. Die Anrufung „Maria, Mutter der Kirche“ ist seit 1980 Teil der Lauretanischen Litanei.

Mit dem neuen Dekret drückt  Papst Franziskus seinen Wunsch aus, dass dieser Gedenktag das Verständnis der Mutterschaft Mariens für die Kirche, zur Förderung der allgemeinen (gesunden) Marienfrömmigkeit beitragen soll. Im Dekret heißt es deshalb zuversichtlich: „Die Feier wird eine Hilfe sein, uns daran zu erinnern, dass das christliche Leben, um zu wachsen, im Geheimnis des Kreuzes verankert sein muss, in der Hingabe Christi im eucharistischen Mahl und in der opfernden Jungfrau, der Mutter des Erlösers und der Erlösten.“[5]

Kardinal Sarah schließt sein Schreiben ab: „Papst Franziskus hat beschlossen, dass für die gesamte Kirche des Römischen Ritus der Montag nach Pfingsten der gebotene Gedenktag Mariens, der Mutter der Kirche, ist. Er trägt damit der Bedeutung des Geheimnisses der geistlichen Mutterschaft Mariens Rechnung, die seit der Erwartung des Heiligen Geistes zu Pfingsten nie aufgehört hat, sich mütterlich der durch die Zeit pilgernden Kirche anzunehmen. Die Verbindung zwischen der Lebenskraft der Kirche zu Pfingsten und der mütterlichen Sorge Mariens für die Kirche tritt dadurch offen zutage. In den Texten der Messe und des Stundengebetes erleuchtet der Abschnitt aus Apg 1,12-14 die liturgische Feier, ebenso wie Gen 3,9- 15.20. Beide müssen im Licht der Typologie der neuen Eva gelesen werden, die Maria unter dem Kreuz des Sohnes, des Erlösers der Welt, zur „Mater omnium viventium“ macht. Der Wunsch ist es, dass diese Feier, die nunmehr auf die ganze Kirche ausgedehnt ist, alle Jünger Christi daran erinnern möge, dass wir wachsen und von der Liebe Gottes erfüllt werden, wenn wir unser Leben in drei Wirklichkeiten verwurzeln: Im Kreuz, im Opfer und in der Jungfrau – Crux, Hostia et Virgo. Dies sind die drei Geheimnisse, die Gott der Welt geschenkt hat, um unser Leben zu ordnen, zu befruchten und zu heiligen und uns zu Jesus Christus zu führen. Es sind drei Geheimnisse, die im Stillen zu betrachten sind (R. Sarah, Die Kraft der Stille, Nr. 57).[6]

 

 

[1] Prot. N. 10/18, Dekret über die Feier der Seligen Jungfrau Maria, Mutter der Kirche, im Römischen Kalender
[2] Der Gedenktag Mariens „Mutter der Kirche, Kommentar des Präfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Robertus Kardinal Sarah
[3] Der Gedenktag Mariens „Mutter der Kirche, Kommentar des Präfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Robertus Kardinal Sarah
[4] Prot. N. 10/18, Dekret über die Feier der Seligen Jungfrau Maria, Mutter der Kirche, im Römischen Kalender
[5] Prot. N. 10/18, Dekret über die Feier der Seligen Jungfrau Maria, Mutter der Kirche, im Römischen Kalender
[6] Der Gedenktag Mariens „Mutter der Kirche, Kommentar des Präfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Robertus Kardinal Sarah