Statue der Gottesmutter
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Mutter unsres Herrn und Pforte des Himmels (01.01.2021)

Das Lied „Maria, Mutter unsres Herrn“, beschreibt die Gottesmutter unter anderem als Himmelspforte. In der Tat ist uns Maria zur Tür ins Paradies geworden. Einstmals diente sie Gott dazu, zu uns Menschen niederzusteigen, um uns die Erlösung zu bringen. Als Miterlöserin unterstützte sie Gottes Sohn in seinem Heilswerk und ist seither jene vielbesungene Pforte des Himmels auch für uns, damit wir in den Himmel gelangen können.

Am ersten Tag des neuen Kalenderjahres ehrt die Kirche Marias Mutterschaft und schließt damit die Weihnachtsoktav ab. Nachdem der Engel bei ihr in Nazareth eingetreten war, um ihr zu verkünden, dass sie Gottes Sohn empfangen soll, und sie nach ihrem vertrauensvollen „Ja“ zum Willen Gottes, von der Kraft des Höchsten überschattet wurde, begann ihre Mutterschaft für ihren Schöpfer. Es ist die höchste Demut Gottes, sich einem seiner Geschöpfe so bedingungslos auszuliefern, wohl wissend, dass auch Maria einen freien Willen besaß, den sie auch zu seinem Schaden hätte einsetzen können. Aber Maria liebte Gott so bedingungslos, dass sie die Liebe Gottes und der Menschen niemals verletzte. Kein Mensch kann sich wirklich vorstellen, was in der Nacht, als Maria Gottes Sohn empfangen hatte, in der armen und einfachen Jungfrau vor sich gegangen ist. Plötzlich war sie Trägerin eines unsagbaren Geheimnisses. Wie schnell und wie weit konnte Maria dieses Geheimnis in seiner ganzen Tragweite erkennen oder auch nur erahnen? Geheimnisse mit einer großen Wirkung können Menschen ganz still machen. Von Maria wissen wir, dass es einer ihrer Wesenszüge war, alles in ihrem Herzen zu bewahren. Einmal gesprochen, war ihr „Ja“ unauslöschlich. Es hatte tiegreifende Konsequenzen für ihr Leben und das Schicksal der Menschheit, ja der ganzen Schöpfung.

Für jede Frau bedeutet es ein großes Geheimnis, wenn sie merkt, dass sie schwanger ist. Plötzlich ist sie nicht mehr allein; plötzlich ist sie für jemanden verantwortlich. Der Körper einer Frau reagiert sofort auf das Kind und ändert seinen Hormonhaushalt, um diesem neuen Menschen Lebensraum und Nahrung zu bieten. Der Geist und die Seele der Frau müssen diesem neuen Lebensumstand erst nachkommen und diesen neuen Zustand begreifen lernen, der nicht mehr geändert werden kann. Ein neues Leben hat begonnen, ob es willkommen ist oder nicht. Man kann diesen Umstand nicht löschen, nicht rückgängig machen. Hierfür gibt es keine „Return-Taste“. Leider verhalten sich viele Menschen heute so, als könnten sie mit Hilfe der Abtreibung eine solche „Return-Taste“ betätigen. Aber die Wahrheit bleibt bestehen. Das Geschehen kann nicht mehr ungeschehen gemacht werden. Dieses Kind, wenn auch abgetrieben, hat gelebt und sein Leben ist gewaltsam beendet worden.

Gott sei Dank hat Maria nicht so gehandelt, wie es Abtreibungsbefürworter manchmal lauthals kundtun: „Hätte Maria abgetrieben, wärt ihr [die Christen] uns erspart geblieben.“ Hätte Maria „Nein“ gesagt zur Empfängnis oder zur Geburt des Gottessohnes, was wäre aus der Menschheit geworden? Die Ewige Verdammnis hätte alle Menschen unausweichlich erwartet, weil dem Heiland der Welt das Kommen versagt worden wäre. Hätte Gott einen „Plan B“ gehabt? Eine Frage, die wir uns Dank der Hingabe der Gottesmutter nicht stellen müssen. Maria, das Mädchen aus Nazareth, arm und einfach, aber aus königlichem Stamm, hatte sich der Überlieferung nach Gott als Jungfrau geweiht. Sie wollte sich ganz für den bewahren, der ihr reines Mutterherz erschaffen hatte. Mütterliche Züge sind in Frauen unterschiedlich stark ausgeprägt. Man darf davon ausgehen, dass in keiner Frau eine so starke, reine und unverfälschte Mutterschaft grundgelegt war, wie in Maria. Warum? Weil die Menschheit Marias – und damit ihr Frausein – nicht durch den Makel der Erbsünde verzerrt bzw. verfälscht war. Durch den Vorzug der Vorerlösung war sie ebenso vollkommen wie Eva vor dem Sündenfall, ein identisches Abbild Gottes. Zur Misere aller missbrauchten Adam und Eva ihren freien Willen im Misstrauen gegenüber Gott dazu, ihre eigenen Lebensvorstellungen in die Tat umzusetzen.

Marias vollständige Ergebenheit in den Willen Gottes

Jesus und Maria hingegen nützten ihren freien Willen dafür, Gottes Pläne zu realisieren. Sie gehorchten ihm, weil sie ihn liebten und ihm vertrauten. Viele Frauen – aber auch Männer – die eine Berufung erleben, kämpfen damit, ihren Wunsch nach eigenen Kindern um der Liebe Gottes und der Auserwählung Willen aufzugeben. Als sich Maria Gott als Jungfrau schenkte, kann der Gedanke, nie eigene Kinder zu haben, auch für sie einen großen Verlust bedeutet haben.

Nun kann man sich vorstellen, was es für Maria bedeutet haben muss, als der Erzengel Gabriel ihr diese großartige Nachricht brachte, dass sie Mutter Gottes werden sollte. Gott warf damit all ihre Pläne in einem Augenblick über den Haufen. Und hier erleben wir Marias vollständige Ergebenheit in den Willen Gottes. Sie war so gänzlich formbar in seinen Händen, dass sie nach einem kurzen Moment der Hinterfragung ihr unumstößliches Fiat sprach. Von einem Augenblick zum anderen löste sie sich von dem, was sie Gott schenken wollte – von der Weihe der Ehelosigkeit – und streckte sich nach dem aus, was Gott für sie geplant und erdacht hatte.

Und darum geht es auch in unserem Leben! Wie oft haben wir schon erlebt, dass wir Gott etwas Großartiges schenken wollten, aber der Herr hat uns dann seinen Willen kundgetan, indem er andere Wege für uns eingeschlagen hat. Wir dürfen und sollen bestrebt sein, in der Liebe zu Gott erfinderisch zu sein und ihm unseren Vorstellungen entsprechend Opfer anzubieten oder ihm Zeichen unserer Liebe zu schenken; Aber: Sein Wille steht über unserem! Erst im Annehmen seines Willens vollendet sich unsere Gottesliebe. Wir müssen nicht krampfhaft nach seinem Willen suchen – das sehen wir an Maria. Gott selbst wird zu seiner Zeit seinen Wunsch für uns kundtun.

Bei allem, was wir in unserer Liebe zu Gott planen, dürfen wir nie die Offenheit und die Bereitschaft für seinen Willen verlieren. Maria hat uns das in einzigartiger Weise vorgelebt. Die Gottesmutter fragt wohl nach der Möglichkeit des Vorhabens Gottes, aber in ihrer Demut fragt sie nicht nach dem „Warum“ ihrer Erwählung und dem „Wie“ des künftigen Lebens. Maria ist einfach. Es genügt ihr zu wissen, dass Gott einen Weg dafür bereitet hat, dass sein Wille geschehen kann. Sie hat sicher über alles nachgedacht, aber sie ist keine Grüblerin, die auf alles eine Antwort haben muss, sondern nimmt das Leben wie es kommt und überlässt es Gottes Vorsehung, ihr weiteres Geschick zu lenken und zu entfalten. Sie schlägt sich nicht herum mit Vorstellungen, was jetzt alles auf sie zukommen würde. Nein, die Heilige Jungfrau bleibt gelassen, weil sie als betender Mensch ihren Schöpfer kennt und an seiner sorgenden Liebe nicht zweifelt.

Maria ist die Erste, die den Leib Christ in ihren Händen halten darf

Wie alle Frauen macht sie sich vertraut mit dem Gedanken Mutter zu werden. Das wirft praktische Fragen auf, die ihren Lebensstil und ihre Aufgaben ändern werden. Sie hadert nicht mit den Konsequenzen ihrer Zusage. Darüber hinaus darf sie in ihrem Herzen eines der bedeutendsten Mysterien des Heilsplanes Gottes erkunden: Die Menschwerdung Gottes in ihrem Leib. Sie ist die Erste, die Gott in menschlicher Gestalt kennenlernt. Sie ist die Erste, die den Leib Christ in ihren Händen halten darf. Es ist ein menschlicher Leib, der Windeln braucht und an ihrer Brust genährt werden will.

Vielleicht sind manche Geheimnisse unserer Erschaffung und Erlösung so groß, dass nicht einmal die Gottesmutter sie vollständig erfassen kann. Heißt es doch, dass der Mensch die ganze Ewigkeit hindurch hat, um Gott kennen zu lernen. Und Maria ist Mensch, das vollkommenste Werk Gottes. Aber dennoch, als Mensch, nur ein begrenztes Gefäß. Ein Gefäß, das den in sich tragen konnte, der sie geschaffen hatte. Das heißt aber noch nicht, dass sie Gott dadurch verstehen konnte. Das Evangelium berichtet uns davon, dass so manche Handlung Jesu von ihr nicht gleich verstanden wurde.

Auch wir haben ungezählte Male den Leib Christi empfangen, ihn in unseren Händen gehalten und in uns aufgenommen, im Herzen getragen – und dennoch haben wir Gott noch nicht wirklich verstanden und begriffen. In dieser Mutterschaft wurde der Glaube der Gottesmutter geprägt und ihre Liebe geschliffen, sodass sie heute als reinster und vollkommenster Edelstein Gottes vor uns steht, um uns als Mutter Gottes die Pforte zum Himmel zu sein.

In der Empfängnis des Erlösers wurde bereits ihre Mutterschaft zu uns festgelegt. In ihrer Schwangerschaft wurden wir schon mit Christus gebildet. Unter dem Kreuz hat sie uns, den Leib Christi, dessen Haupt Jesus ist, geboren. Ihre Gottesmutterschaft macht sie zur Mutter der ganzen Kirche, zur Mutter aller, die in Christus sterben. In der Taufe sind wir schon in Christus gestorben. Für jene, die in ihrem Leben aus unterschiedlichen Gründen Christus nicht kennenlernen können und konnten, erhoffen wir eine innige Christusbegegnung im Augenblick des Todes, um ein Ja zu Gott im letzten Atemzug, damit auch sie in Christus als Kinder Gottes und der Gottesmutter sterben können.

Maria ist die Pforte des Himmels, die Jesus benutzte, um zu uns zu gelangen. Der Weg Jesu geht durch das reinste Herz Mariens und durch den Schoß der Heiligsten Jungfrau. Diese Tür hat Jesus uns geöffnet, damit wir auf dem selben Weg, auf dem er gekommen war, zu ihm gelangen können. Wir verehren die Gottesmutter als Pforte des Himmels und preisen sie selig, jedoch dürfen wir nicht vergessen: Als Pforte ist Maria nicht das Ziel, sondern nur der Durchgang zum Ziel – zu Christus, um mit ihm, durch ihn und in ihm in das Leben der Heiligsten Dreifaltigkeit eintreten zu können.