Statue der Gottesmutter
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Osternacht – Christi Licht verschlingt die Nacht (20.04.2014)

Die Osternacht ist „die Stunde, in der das segensreiche Licht Christi aufleuchtet; die reinen Strahlen des Geistes heben sich, und der Himmel öffnet die Schatztruhen der göttlichen Herrlichkeit. Die lange dunkle Nacht ist verschlungen, die dicken Nebel lösen sich auf, der düstere Schatten des Todes ertrinkt im Dämmern. Leben überströmt alles; alles ist erfüllt von Licht ohne Ende. Die Morgenröte der Morgenröten streift auf über die Erde, und jener, »der vor dem Morgenstern war« (Ps 109,3), vor den Gestirnen, unsterblich und unermesslich, der große Christus, strahlt über allen Wesen, heller noch als die Sonne.“*

Auf diese Nacht und diese Stunde der Auferstehung des neuen Adams hat das ganze Menschengeschlecht durch die Jahrtausende gewartet. In dieser Nacht, die so ganz anders ist als alle anderen Nächte, hat Christus als Erstgeborener einer neuen Schöpfung den Tod für uns überwunden. Er, den der Vater liebt, weil er sein Leben hingegeben hat, um es wieder zu nehmen. (Vgl. Joh 10,17)

„Niemand entreißt es mir, sondern ich gebe es aus freiem Willen hin.“, hat Jesus gesagt. Und er setzte hinzu: „Ich habe Macht, es hinzugeben, und ich habe Macht, es wieder zu nehmen.“ (Joh 10,18) Diese Macht, diese Vollmacht, mit der ihn der Vater beauftragt hat (vgl. Joh 10,18), wird in der Osternacht spürbar, wenn das Licht der Osterkerze das Dunkel der Nacht erhellt und der Priester dreimal feierlich verkündet:

„Christus, das Licht!“

Die Symbolkraft des Lichtes verdeutlicht uns, dass Christus das Leben ist, das uns leben lässt. Denn wie ohne dem irdischen Licht der Sonne nichts gedeihen kann, so können wir ohne das göttliche Licht nicht das ewige Leben haben. „Für uns, die wir an ihn glauben, bricht an ein Tag des Lichts: ewig, weit, unvergänglich. Es ist das mystische Pascha, vom Gesetz feierlich vorabgebildet, von Christus in Wahrheit vollendet, herrliches Pascha, Wunder der Kraft Gottes, wahres Fest, Denkmal für die Ewigkeit: Die Erlösung von allem Leid wird geboren aus der Passion, die Unsterblichkeit aus dem Tod, das Leben aus dem Grab, die Heilung aus der Wunde, die Erhöhung aus dem Fall, die Himmelfahrt aus dem Abstieg in die Hölle…“*

Jesaja prophezeite über die Geburt des Erlösers:

„Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf.“ (Jes 9,1)

Auch Zacharias spricht in ähnlichen Worten vom Messias: „Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe, um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes, und unsre Schritte zu lenken auf den Weg des Friedens.“ (Lk 1,78) Jesus selbst nannte sich „das Licht der Welt“ und Johannes, der Jünger den er liebte, bezeichnete Christus als „das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet.“ (Joh 1,9) Das Licht, das in der Finsternis leuchtet und von ihr nicht erfasst werden kann (Joh 1,5), beherrscht die Osternacht und zerreißt seither die finsteren Nächte jedes einzelnen Menschen, sobald er bereit ist, Christus in sein Leben aufzunehmen. Das Licht vom Tabor hat sich in der Auferstehung Bahn gebrochen, um für immer zu erstrahlen und Leben zu spenden. „Israels Licht wird zum Feuer, sein Heiliger wird zur Flamme. Sie brennt und verzehrt die Dornen und Disteln von Assur an einem einzigen Tag.“ (Jes 10,17) An einem einzigen Tag hat der Herr in der Kraft seiner Auferstehung uns von den Dornen und Disteln des Todes befreit. Sein Licht, das Zeit seines Erdenlebens in dieser Welt leuchtete, wurde durch die Überwindung des Grabes zu einem lodernden Feuer, das genährt ist von seiner Liebe zum Vater und den Menschen. Christus, der Heilige des Gottesvolkes, wurde zur Flamme, die nie verlischt. Er wurde in der Einheit der göttlichen und menschlichen Natur zu jener Flamme, die das Dunkel in unseren Herzen auszulöschen vermag. Dazu müssen wir die Türen unseres Herzens öffnen, gleich den Kirchentüren, die zu Beginn der Osterliturgie weit offen stehen, um Christus, das Licht, in die Dunkelheit der Kirche aufzunehmen und dadurch von seinem Licht ergriffen und erfüllt zu werden.

Die Nacht der Nächte

„Habt keine Angst! Öffnet, ja reißt die Tore weit auf für Christus!“, hat uns einst Johannes Paul II. am Beginn seines Pontifikates zugerufen. Heute ist diese Nacht der Nächte, in der das wahre Licht an unsere Herzen klopft und um Einlass bittet, um uns vor den Irrlichtern der Welt zu bewahren und in das Ewige Leben zu führen. Kardinal Josef Ratzinger legte dem Auferstandenen, angelehnt an den Psalm 138, die an seinen Vater gerichteten Worte in den Mund: „»Ich bin auferstanden, du bist immer bei mir, wie ich immer bei dir bin und die Natur des Menschen, das Menschsein nun hineingetragen habe in die ewige Liebe, so dass es durch mich immer bei dir ist.« Aber was dem Vater zugesprochen ist, sagt er zugleich zu uns: »Ich bin auferstanden und bin nun immer bei dir.« Zu jedem einzelnen von uns sagt er es. »Es gibt keine Nacht, in der ich nicht wäre. Und es gibt keinen Schrecken und keine Ferne Gottes, in der nicht ich da wäre. Sei getrost, ich bin auferstanden und bin immer und für immer bei dir.« Mir scheint, wir sollten dieses große Wort der Liturgie, das Christus aus dem Ahnen und Hoffen des Alten Testaments herausgenommen und in sein österliches Wort umgewandelt hat, tief in unser Herz eindringen lassen, und was immer geschieht, wissen, dass er es zu jedem von uns ganz persönlich sagt. Ja, »ich bin auferstanden, und immer bin ich bei dir«, wohin auch deine Wege führen.“ (15.04.1990)

* Eine griechische Homilie aus dem 4. Jahrhundert - Über das heilige Osterfest, §1 und 58f; PG 59, 743; SC 27 (nach einer verloren gegangenen Homilie des hl. Hippolyt von Rom)