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Sie kommen und bringen ihre Garben (06.10.2019)

Das Erntedankfest ist ein religiöses Brauchtum, das sich aus unserer Kultur nicht wegdenken lässt. Im Psalm 126,6b heißt es: „Sie kommen, ja kommen mit Jubel und bringen ihre Garben.“ Jedes Jahr im Herbst ist es wieder so weit, dass die Kirchen, zumeist am ersten Sonntag im Oktober, mit den Früchten des Feldes geschmückt werden. Mancherorts ist es üblich, die gesegneten Gaben nach dem Festgottesdienst an die Bedürftigen zu verteilen.

Seit jeher war die Ernte mit dem Dank an Gott ebenso verbunden, wie mit der Sorge für die Armen: „Wenn ihr in das Land kommt, das ich euch gebe, und wenn ihr dort die Ernte einbringt, sollt ihr dem Priester die erste Garbe eurer Ernte bringen. Er soll sie vor dem HERRN emporheben, damit ihr Wohlgefallen findet. Am Tag nach dem Sabbat soll sie der Priester emporheben.“ (Ex 23,10-11)

Und bei Levitikus 23,22 lesen wir: „Wenn ihr die Ernte eures Landes einbringt, sollst du dein Feld nicht bis zum äußersten Rand abernten und keine Nachlese deiner Ernte halten. Du sollst das dem Armen und dem Fremden überlassen. Ich bin der HERR, euer Gott.“ „Erntedank“ sollte nicht nur einmal im Jahr sein. Es sollte bei jeder Mahlzeit der Güte Gottes für „die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit“ gedankt werden. Das Tischgebet ist heute aus den meisten Familien verschwunden – obwohl Gott das Essen von unseren Tischen nicht hat verschwinden lassen. Der Großteil der Österreicher lebt heute im Überfluss – selbst wenn er nicht gut betucht ist.

Mit dem Verlust des Tischgebetes ist auch die Dankbarkeit und damit der sorgsame Umgang mit der Nahrung verlorengegangen. Was nicht mehr makellos ist, wandert in den Mülleimer… Vereinzelt wachen Handelsketten auf und werben mit Slogans wie „Nahrung ist wertvoll“. Ob es damit gelingt, das Bewusstsein der Bevölkerung wieder wachzurütteln?

Nur wenige arbeiten in der Landwirtschaft und wissen daher, mit wieviel Mühe die Produktion von Nahrungsmitteln verbunden ist. Der Mensch, der sein Essen vom Supermarkt holt, denkt nicht daran. Essen ist zu einer Ware geworden, die jederzeit verfügbar ist. Aber viele Menschen haben für uns gearbeitet, damit wir etwas auf dem Tisch haben. Das Tischgebet kann uns mit all diesen Menschen verbinden, wenn wir sie ins Gebet einschließen. Sie können das gerne einmal ganz penibel durchexerzieren: Gott, wir danken dir für deine Güte, mit der du uns ernährst und für uns sorgst. Wir danken dir für den Bauern, der Weizen angebaut und geerntet hat, für den Müller, der den Weizen zu Mehl verarbeitet hat und für den Bäcker, der das Brot gebacken hat… man kommt an kein Ende, wenn man an all die Personen denken möchte, die für die Herstellung der einzelnen Zutaten und Gerichte verantwortlich waren. Aber sie alle haben für uns gearbeitet. Sie alle sind Teil der göttlichen Vorsehung für uns. Man kann das natürlich noch weiter durchdenken und für all jene danken, die dazu beigetragen haben, dass die Lebensmittel zu uns transportiert werden konnten: die LKW-Faherer, die Straßenbauer, und jene, die die Produktionsstätten und Arbeitsgeräte gebaut oder erfunden und hergestellt haben… und nicht zuletzt sollte auch der Koch oder die Köchin erwähnt werden…

Es täte uns allen gut, wenn wir uns diese Arbeitskette gelegentlich vor Augen halten und Gott für diese unglaubliche Anzahl an Menschen danken, die durch ihre Mühe und teilweise auch mit Schmerzen für uns ihr Bestes gegeben haben. Denn damit würden wir nicht nur erkennen, dass Lebensmittel ausgesprochen wertvoll sind, sondern auch, dass wir eine riesengroße Familie sind, die für das Wohl aller arbeitet. Hunderte, ja tausende Menschen würden wir mit einem einfachen Tischgebet segnen, das alle in die Segensbitte miteinschließt, die zu unserem Essen beigetragen haben.

Und wir dürfen Gott für ein weiteres Geschenk danken: Nämlich für seine Zusage die er uns bereits in Gen 8,22 gegeben hat: „Niemals, so lange die Erde besteht, werden Aussaat und Ernte, Kälte und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht aufhören.

Dankbar für das, was du uns gibst

Wir planen und arbeiten oft, als ob wir damit allein die Zukunft der Welt bestimmen und formen könnten. Wir nehmen die Güter dieser Erde, als ob sie uns selbstverständlich zukommen und gehören.

Wir vergessen die, die weniger haben als wir, die von Hunger und von Kriegen, von Krankheit und von Leid bedroht sind, die gefährdet sind durch Unrecht und Unsicherheit, die in Katastrophen ihr Hab und Gut verloren haben und verlieren.

Bewahre uns vor Selbstsicherheit und Selbstgerechtigkeit. Mach uns bewusst, dass auch wir heute oder morgen zu den Armen, den Hungernden, Leidenden und Heimatlosen gehören können.

Mach uns dankbar für das, was du uns gibst, und öffne uns im Danken die Herzen und Hände für die, die in Not sind.
(Quelle: Logo-buch.de)