Statue der Gottesmutter
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Sonntag des Wortes Gottes (24.01.2021)

Der Katechismus stellt fest, dass Christus das einzige Wort der heiligen Schrift ist. Unter Punkt KKK 103 und 104 wird dazu ausgeführt: „Aus diesem Grund hat die Kirche die Heiligen Schriften immer verehrt wie den Leib des Herrn selbst. Sie reicht den Gläubigen ohne Unterlass das Brot des Lebens, das sie vom Tisch des Wortes Gottes und des Leibes Christi empfängt. In der Heiligen Schrift findet die Kirche ständig ihre Nahrung und ihre Kraft [Vgl. DV 24.], denn in ihr empfängt sie nicht nur ein  menschliches Wort, sondern was die Heilige Schrift wirklich ist: das Wort Gottes [Vgl. l Thess 2,13.].“

Mit dem Sonntag des Wortes Gottes möchte uns die Kirche auf diesen einen Satz in KKK 103 hinweisen, der besagt, dass die Kirche das Wort Gottes, die Heilige Schrift, in der Verehrung dem Leib des Herrn gleichstellt. Deutlich sichtbar wird das bei Hochfesten, wenn das Evangeliar feierlich, meist hocherhoben und in festlichem Einband, beim Einzug in die Kirche getragen und auf den Altar gestellt wird. Aber auch bei jeder Heiligen Messe bildet die Verküngigung des Wortes Gottes den Höhepunkt des Wortgotttesdienstes. Angekündig wird dieser heilige Moment, in dem Christus durch den Priester oder Diakon zu uns spricht, durch den Halleluja-Ruf, der den dazugehörenden Vers umrahmt. Bei Hochfesten und feierlichen Anlässen wird die Bedeutung des Wortes Gottes zusätzlich damit unterstrichen, dass das Evangeliar in einer Prozession vom Altar zu Ambo getragen und mit Weihrauch und Leuchtern begleitet wird.

Und genau hier bringt die Kirche die Gleichstellung des Wortes Gottes mit dem Leib Christi zum Ausdruck. Auch der Leib Christi wird (außerhalb der Eucharistiefeier) im Schmuck einer Monstranz in Prozessionen getragen, begleitet von Leuchtern und Weihrauch. Im Leib Christi, in der konsekrierten Hostie, ist Jesus uns sakramental ganz nahe. In der Heiligen Schrift erklingt die Stimme Christi. In der Verkündigung seines Wortes spricht der Herr selbst zu uns.

Es stellt sich uns die Frage, wie weit uns bewusst ist, wie heilig das Wort Gottes ist. Wie gehen wir mit unseren Bibeln um? Haben sie einen würdevollen Platz, auf dem sie auch aufgesucht und gelesen werden? Oder liegen sie irgendwo achtlos herum? Es ist gut, einen Tag im Jahr zu haben, der uns wieder aufrüttelt und dazu anleitet, die Bibel wieder in neuer Weise zu schätzen und in unser Leben vermehrt einzubinden.

Die Kirche verehrt die Heiligen Schriften wie den Leib des Herrn. Die Kirche, das sind alle Getauften. Sind wir uns dessen bewusst, wenn wir die Bibel in den Händen halten? Gehen wir mit ihr so ehrfurchtsvoll um, wie mit dem Leib des Herrn? Im Islam wäre es undenkbar, dass man den Koran auf den Boden legt. Der Koran hat immer einen besonderen Platz im Haus. Daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen. Der Gedanke, dass die Bibel dem Leib des Herrn gleichgesetzt ist, legt uns nahe, der Heiligen Schrift jenen Platz zu errichten, der ihr gebührt: einen kleinen Hausaltar.

Dabei dürfen wir eines nicht verwechseln: Nicht das Buch für sich ist das Heilige, es ist nur Träger des Heiligen, Träger des Wortes Gottes; ein Gegenstand, in dem sich „der Vater, der in den Himmeln ist, seinen Kindern liebevoll entgegen“ kommt und „mit ihnen Zwiesprache“ hält. (vgl. KKK 104) „Um sich den Menschen zu offenbaren, spricht Gott in seiner entgegenkommenden Güte zu den Menschen in menschlichen Worten: „Gottes Worte, durch Menschenzunge ausgedrückt, sind menschlicher Rede ähnlich geworden, wie einst des ewigen Vaters Wort durch die Annahme des Fleisches menschlicher Schwachheit den Menschen ähnlich geworden ist.“ (KKK 101)

Der Kirchenlehrer Augustinus sagt: „Das eine gleiche Wort Gottes erstreckt sich durch alle Schriften; das eine gleiche Wort ertönt im Mund aller heiligen Schriftsteller. Da es im Anfang Gott bei Gott war, benötigt es keine Silben, denn es ist nicht zeitbedingt.“

Warum beschäftigen wir uns so wenig mit dem Wort Gottes? Paulus schrieb im Brief an die Hebräer: „Denn lebendig ist das Wort Gottes, kraftvoll und schärfer als jedes zweischneidige Schwert; es dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenk und Mark; es richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens; vor ihm bleibt kein Geschöpf verborgen, sondern alles liegt nackt und bloß vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft schulden.“ Dieses Zitat erklärt vielleicht, warum viele Menschen das Wort Gottes meiden: Es überführt uns unserer Sünde und verkehrten Lebenshlatung. Nackt und bloß stehen wir vor Gott – damit wir als neue Menschen Christus anziehen. „Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.“, wirft Jesus dem Versucher entgegen. Christus ist lebendig, das lebendige Wort Gottes. Diese Lebendigkeit überträgt sich auf uns, wenn wir uns mit dem Wort Gottes beschäftigen. Er, der Sohn, macht uns stark, denn er ist unsere Nahrung: Im gewandelten Brot und im Wort der Heilige Schrift.

Ephräm der Syrer († 373) Aus dem Diatessaron

Herr, wer könnte mit seinem Geist auch nur eines von deinen Worten ganz verstehen?

Das, was wir nicht erfassen, bleibt größer als das, was wir verstehen, wie Dürstende, die an einer Quelle trinken.

Das Wort Gottes hat ja viele Seiten, die es den Lernenden je nach ihrer Auffassungsgabe darbietet.

Gott hat seinem Wort viele Farben gegeben. Wer es erforscht, soll an ihm etwas sehen können, was ihn anspricht.

Gott hat in seinem Wort Schätze von vielerlei Art niedergelegt; jeder von uns, der sich darum müht, soll daran reich werden können.

Das Wort Gottes ist ein Lebensbaum, der dir auf allen Seiten gesegnete Frucht anbietet, darin ähnlich jenem Felsen, der sich in der Wüste auftat und nach allen Seiten einen geistlichen Trank darbot.

Der Apostel sagt: „Alle aßen die gleiche gottgeschenkte Speise, und alle tranken den gleichen gottgeschenkten Trank.“

Wer also einen Teil aus dem Schatz bekommt, meine nicht, das Wort enthalte nur das, was er selbst gefunden hat. Er soll sich vielmehr darüber klar sein, dass er aus dem reichen Inhalt nur diesen Teil finden konnte.

Er sage nicht, das Wort selbst sei dürftig und unfruchtbar, weil er nicht weiter kam und nur diesen Ausschnitt zu finden vermochte.

Er verachte das Wort nicht, sondern sage Dank für seine Reichtümer, die er selbst nicht zu fassen imstande ist.

Freu dich, dass du besiegt bist, und sei nicht traurig, weil das Wort dir überlegen ist.

Der Dürstende freut sich beim Trinken und trauert nicht darüber, dass er die Quelle nicht austrinken kann.

Die Quelle besiege deinen Durst, nicht dein Durst die Quelle.

Denn wenn dein Durst gestillt wird, ohne dass die Quelle ausgeschöpft ist, kannst du aufs neue trinken, falls du wieder Durst hast.

Wenn die Quelle ausgetrocknet wäre, nachdem du deinen Durst gestillt hast, dann wäre dein Sieg zum Unheil für dich geworden.

Danke für das, was du erhieltest, und betrübe dich nicht wegen des Reichtums, der übrigblieb.

Was du bekommen und erreicht hast, ist dein Anteil. Was übrig ist, wirst du einst erben.

Was du infolge deiner Unzulänglichkeit in dieser Stunde nicht erlangen kannst, bekommst du in einer anderen. Du musst nur durchhalten.

Versuche nicht fälschlicherweise mit einem einzigen Schluck zu nehmen, was man nicht auf einmal schlucken kann.

Aber höre auch nicht aus Feigheit auf, von dem zu nehmen, was du nur nach und nach empfangen kannst.