Statue der Gottesmutter
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Ostermontag - Unterwegs mit einem Unbekannten (21.04.2014)

„Die Kraft zum Leben fängt immer an, wo die Kraft zum Leben aufhört.“ (Christian Friedrich Hebbel) Diese Erfahrung durften auch die Emmausjünger machen, als sie völlig entmutigt auf dem Weg nach Emmaus unterwegs waren, begleitet von einem unbekannten Pilger. Von ihm spricht auch der bereits oben zitierte Dramatiker und Lyriker im folgenden Wort: „In der Welt ist ein Gott begraben, der auferstehen will und allenthalben durchzubrechen sucht, in der Liebe, in jeder edlen Tat.“

Weil Jesus die beiden Jünger liebte, sprach er mit ihnen, als sie noch auf dem Weg waren. Er erklärte ihnen die Heilige Schrift, die sie nicht in rechter Weise zu lesen verstanden. Er half ihnen, das unfassbare Geschehnis der Kreuzigung ihres Messias in das Heilsgeschehen des Alten Testamentes einzureihen, damit sie letztendlich den Neuen Bund in seiner ganzen Dimension erfassen konnten.

Aber noch begriffen sie nicht, dass er selbst es ist, der mit ihnen sprach und in einer liebevollen, jedoch klar verständlichen Art, Gottes Erlösungsplan mit Hilfe ungezählter Schriftstellen auslegte. Der verdunkelte Verstand erfasste die großartige Wahrheit noch nicht, aber das Herz begann den Geliebten bereits wahrzunehmen. Das Herz, das Gefühl, erwachte zuerst aus dem Schlaf der Trauer und Enttäuschung. Das Feuer der Liebe, das im Herzen Jesu brannte, griff über und verteilte sich wie das Osterlicht der Kerzen in den Herzen der Jünger. Langsam aber sicher begann es in ihnen wieder zu brennen. Aber der Geist verstand noch nicht.

So geht es vielen, die Jesus nachfolgen. Ein unvorhergesehenes Ereignis kann den Glauben an die Gemeinschaft mit Gott auslöschen und es bleibt die verzweifelte Frage: „Wo ist Gott jetzt?“ Oder mit Maria Magdalenas Worten ausgedrückt: „Sag mir, wohin du ihn gelegt hast. Dann will ich ihn holen.“ (Joh 20,15) Gott aus den Augen zu verlieren ist der größte Schmerz, den eine Seele zu erleiden vermag. In solchen Momenten brauchen wir den Karfreitagsglauben der Gottesmutter. Jenen Glauben, der sich an der unumstößlichen Wahrheit eines ewig liebenden Gottes festhalten kann. Eines felsenfesten Glaubens, der sich durch kein noch so drastisches Ereignis beirren lässt.

Gott ist Liebe

Das bedeutet auch, dass er uns niemals verlässt. Der Eindruck, ihn verloren zu haben oder von ihm verlassen zu sein, hat mit der Wahrnehmungsfähigkeit unserer Seele zu tun. Diese kann durch schmerzliche oder sündhafte Erfahrungen getrübt sein. Zuweilen kann Gott eine Seele auch durch seine scheinbare Abwesenheit prüfen. Ungeachtet der Situation ist er aber immer treu. Er verlässt uns nicht. Aber er drängt sich uns auch nicht auf. Er kann geduldig warten, bis wir bereit sind, ihn neu zu entdecken. Gott zu verlieren und wieder zu finden gehört zur geistlichen Reifung der Seele wie auch des Geistes. Unsere Seele wurde durch die Erbschuld und unsere persönlichen Sünden verletzt. Sie wurde Gott gegenüber misstrauisch und ist dadurch in sich selbst verkrümmt. Nach und nach muss sie Gott wieder in zunehmendem Maß vertrauen lernen und kommt durch die neuen Gotteserfahrungen schließlich zur Entfaltung. Geist und Seele müssen wieder an Weite gewinnen.

So geht es auch den Emmausjüngern. Sie waren mit Jesus unterwegs und meinten, den verheißenen Messias bereits gut zu kennen. Für ihn haben sie alles zurückgelassen, um ihm ungeteilten Herzens nachfolgen zu können. Dann kam der Karfreitag und alles schien verloren. Durch die Überwindung des Todes war Jesus aber nicht mehr der Gleiche. Die Auferstehung veränderte ihn. Sein Leib war nicht mehr irdisch. Seine Seele war umkleidet mit dem Auferstehungsleib. Vermutlich nahm er die Gestalt eines Unbekannten an, weil es ihm um mehr ging: Nicht den Menschen, den guten Meister, sollten sie lieben. Ihre Liebe sollte nicht an vergänglichen Äußerlichkeiten hängen bleiben, sondern in die Tiefe gehen und sein wahres Wesen erkennen. Er gab ihnen ein Beispiel dafür, dass der in jedem Menschen zugegen ist, wie er einst sagte: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40)

Damit den Jüngern die Augen aufgingen, hat auch Jesus etwas für sie getan: Er hat das Brot gebrochen, in jener unverwechselbaren vertrauten Art, die sie endgültig verstehen ließ: „Als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach das Brot und gab es ihnen. Da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten ihn; dann sahen sie ihn nicht mehr.“ (Lk 24, 30-31)

Was ein gewöhnliches Abendmahl hätte werden sollen, wurde durch Christus zu einer liturgischen Handlung. In der heiligen Messe bricht Jesus auch uns durch die Hand des Priesters das Brot, welches durch die Wandlungsworte zu seinem Leib geworden ist. Sein Leib und sein Blut machen das Kreuzesopfer auf dem Altar wieder lebendig und gegenwärtig. Sein Leib und sein Blut setzen uns zugleich den auferstandenen Christus gegenwärtig. Darum beten wir nicht Brot und Wein an, sondern den lebendigen Gott, der in diesen beiden konsekrierten Gestalten verborgen zugegen ist, solange diese beiden Gestalten andauern. Die Eucharistiefeier, die in der eucharistischen Anbetung fortdauert, besiegelt das Erlösungswerk und ermöglicht es uns, Gott in unserer Mitte zu beherbergen und ihm in besonderer Weise nahe zu sein.

Zu dieser Erkenntnis hat Jesus die beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaus geführt. Durch das Brechen des Brotes, durch die Feier der heiligen Messe, haben sie Christus zutiefst erkannt, so dass sie sagen konnten:

„Der Herr ist wirklich auferstanden!“