Statue der Gottesmutter
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Der Blick in den Himmel erdet uns

Heute wissen wir, dass sich ihre Worte erfüllt haben. Wir verehren Maria, die Mutter Gottes, als Königin über Engel und Menschen. Keinem anderen Menschen wurde eine solche Ehre zuteil. Die Lobpreisungen der Heiligen und derer, die Maria als ihre Mutter kennen, werden nicht verstummen. Seit 2000 Jahren wird Maria gepriesen, weil sie uns den Erlöser gebracht hat. „Denn der Mächtige hat Großes an mir getan, und sein Name ist heilig.“

In keinster Weise lässt die Gottesmutter durchblicken, dass das Wunderbare, das an ihr geschehen ist, auf ihren Verdienst zurückzuführen wäre. Sie ist sich ganz bewusst, dass alles allein Gottes wirken ist.

Dieses Magnificat lehrt uns enorm viel über die Gesinnung Mariens, über ihre Geistes- und Herzenshaltung. Es lässt uns eine herrliche Frau erkennen, die alles von Gott erwartet und alles auf ihn zurückführt. Ihre Haltung ist Ausdruck einer lebendigen Gottesbeziehung als auch einer tiefen Gottes- wie auch Selbsterkenntnis.

Die heute so begehrte und angestrebte Selbstfindung – sie wird wie schon vor tausenden Jahren nur in der Erkenntnis Gottes zu erreichen sein. Erst in Gott erkennen wir uns vollkommen, können wir ganz wir selber sein. Gott ist der Spiegel, in dem wir uns in aller Klarheit sehen werden. In ihm ist eine Selbsttäuschung ausgeschlossen. Es  klingt fast paradox, aber: Der Blick in den Himmel erdet uns.

 

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Blickt auf zu ihm, so wird euer Gesicht leuchten

Im Magnificat begegnet uns keine fromme Schwärmerin, sondern eine Frau, die ihr Sein vollständig erkannt und angenommen hat. Maria kann sich einordnen in die Schöpfung. Sie weiß, wo ihr Platz ist und welche Aufgabe sie in ihrem Leben hat. Maria steht ganz im Licht Gottes und ist mit seinem Licht erfüllt. Ihr Geist ist strahlend hell, eben lichtvoll. Auch alle Heiligen sind lichtvolle Menschen. Das Licht der Seele, das von Gott kommt, macht uns zu leuchtenden Menschen. Wie es im Psalm 34,6 heißt: „Blickt auf zu ihm, so wird euer Gesicht leuchten und ihr braucht nicht zu erröten.“

Ganz deutlich wird das auch bei Mose beschrieben, dessen Gesicht leuchtete: „Aaron und alle Israeliten sahen Mose und siehe: Die Haut seines Gesichtes strahlte und sie fürchteten sich, in seine Nähe zu kommen… Als Mose aufhörte, mit ihnen zu reden, legte er über sein Gesicht einen Schleier. Wenn Mose zum HERRN hineinging, um mit ihm zu reden, nahm er den Schleier ab, bis er wieder herauskam. Wenn er herauskam, trug er den Israeliten alles vor, was ihm aufgetragen worden war. Wenn die Israeliten das Gesicht des Mose sahen, wie die Haut seines Gesichtes strahlte, legte er den Schleier über sein Gesicht, bis er wieder hineinging, um mit ihm zu reden.“ (Ex 34,30.33-35)

Umso mehr wir uns in die Gegenwart Gottes begeben, umso leuchtender werden auch wir sein. Jesus hat uns zugesagt: „Ihr seid das Licht der Welt!“ (Mt 5,4) Und dieses Licht dürfen wir nicht unter den Scheffel stellen, es soll allen leuchten. (Mt 5,15)

Es ist deshalb auch gut vorstellbar, dass das Gesicht der Gottesmutter leuchtete, als sie ihren großen Lobpreis verkündete. Ausgelöst hat diesen Lobpreis die Begegnung mit der betagten Elisabeth, die auserwählt war, den Vorläufer, den Boten des Erlösers, zu gebären und ihn so zu erziehen, dass er auf seine Aufgabe – Rufer in der Wüste zu sein – vorbereitet war, um so den Willen Gottes in der ihm zugedachten Einzigartigkeit zu erfüllen.

 

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Menschen in der Freude leuchten

Die Begegnung der beiden Mütter brachte es mit sich, dass sie auch zu einer Begegnung der beiden Kinder führte. Johannes erkannte schon im Mutterleib seinen Messias und hüpfte vor Freude. In Christus begegnen wir Gott selbst, der unsere Herzen anrührt und sie in dieser Gottesbeziehung höher schlagen lässt.

Gott bringt Freude in uns hervor, selbst im Leiden bleibt das Herz ruhig und zumindest von einem Hauch Freude umweht.

Wenn wir die Freude verlieren, müssen wir uns fragen, ob wir Gott aus dem Blick verloren haben. Denn die Freude ist eine Frucht des Heiligen Geistes. Und Menschen in der Freude leuchten.

Die selige Chiara Luce Bandano ist nur eines dieser leuchtenden Beispiele. Sie bezeugte die diese Tatsache – ihr Gesicht leuchtete inmitten schwerer Leiden (Knochenkrebs) – weil sie aufschaute zu Gott, den sie unbändig liebte.

Sie sagte: „Jeder Augenblick ist kostbar; er darf nicht vergeudet werden. Wenn er gut gelebt wird, hat alles einen Sinn. Alles relativiert sich, auch in den schrecklichsten Momenten, wenn wir es Jesus schenken. Deshalb geht der Schmerz nicht verloren, sondern hat einen Sinn als Geschenk für Jesus… Jetzt fühle ich mich als Teil eines wunderbaren Planes, der sich mir nach und nach enthüllt…. Sei glücklich, denn ich bin es auch!“

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Meine Seele preist die Größe des Herrn,

und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.

Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut.

Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.

Denn der Mächtige hat Großes an mir getan, und sein Name ist heilig.

Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten.

Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind.

Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.

Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.

Er nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen,
das er unsern Vätern verheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.

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Unser Tabernakel in der Vorauer Spitalskapelle

bringt auch noch eine andere Wirklichkeit ans Licht: Der Blick des Betrachters fällt auf die Türen mit den Christussymbolen. Maria muss man entdecken, denn an den Seitenflächen und noch mehr auf der Rückseite dieses goldenen Hauses, kann man die Gottesmutter auf den ersten Blick nicht erkennen.

Sie bleibt vielen verborgen. Maria drängt sich nicht auf, sie ist von sich aus immer im Schatten ihres Sohnes. Und doch ist sie Miterlöserin von Anfang an. Sie, die sich im Schatten des Allmächtigen birgt, steht jetzt im Lichtglanz des Himmel und wurde zur Königin über Engel und Menschen gekrönt.

„Wer bin ich, dass die Mutter meines Erlösers zu mir kommt?“

Aber, um beim Festgeheimnis zu bleiben, noch ist Maria davon weit entfernt. Sie trägt ihren kleinen Jesus in ihrem Schoß und eilt Elisabeth entgegen – selbstlos – um ihrer Tante zu helfen, die in ihrem vorgerückten Alter ihr erstes Kind erwartet. Durch göttlichen Ratschluss verbindet die beiden Frauen vieles: die außergewöhnlichen Umstände hinsichtlich der Empfängis ihrer Kinder, die zumindest teilweise gemeinsame Zeit der Schwangerschaft, ihre tiefe Gottesliebe, ihr unerschütterlicher Glaube und ihre Kinder, für die der Herr einen außergewöhnlichen Auftrag in seinem Heilsplan hat. Diese Lebenspläne Gottes verbinden die beiden Kinder von Anfang an. Der eine, Jesus, ist der Gesandte, der andere sein Bote, sein Verkünder, sein Vorläufer, Johannes. Er wird das Volk mit dem Messias bekannt machen.

Schon im Mutterleib erkennt Johannes seinen Messias und er hüft vor Freude. Aber auch Elisabeth ist offen für das Wirken des Heiligen Geistes und erkennt Jesus, den erwarteten Retter, im Schoß der Heiligen Jungfrau. Deshalb ruft sie aus: „Wer bin ich, dass die Mutter meines Erlösers zu mir kommt?“

Das ist eine Frage, die auch wir uns stellen dürfen. In Guadalupe kommt Maria auch als schwangere Frau zu uns, als Mutter des Messias. Das Azthekenvolk konnte das Bild lesen, welches auf unerklärliche Weise auf der Tunika des Juan Diego vor den Augen des Bischofs entstanden ist. Sie erkannten Jesus als Herrn und Gott und Maria als Mutter Gottes. Im Gnadenbild von Guadalupe will uns Maria begegnen wie einst ihrer Tante Elisabeth.

Und wir? Hüpfen wir vor Freude wenn wir vor Maria stehen? Erkennen wir das Kind in ihr? Das Gnadenbild Unserer Lieben Frau von Guadalupe zeigt Maria in der Haltung einer betenden und zugleich tanzenden Frau. Diese Abbildung stellt Maria im Augenblick des Magnifikats dar, das sie bei ihrer Begegnung mit Elisabeth anstimmte: „Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter!“

Mehr als 2000 Jahre später stimmt die ganze Kirche täglich das Lied der Gottesmutter an. In jeder Vesper, dem Abendgebet der Kirche, lobpreisen wir Gott mit den Worten der Jungfrau aus Nazareth, deren Herz von einer unsagbaren Freude erfüllt war. Die Kunst des Betens besteht hierbei darin, dieses Gebet nicht zur Gewohnheit verkommen zu lassen, sondern sich geistig in die Haltung Marias hineinzugeben, ihre Freude in sich selbst widerhallen zu lassen und mit ihr zusammen eine lobpreisende Stimme zu werden, die das Lob Gottes nie mehr verstummen lässt.

Große Geheimnisse verbinden die beiden Frauen gleichermaßen wie ihre beiden Kinder. An ihnen dürfen wir erkennen, dass Gott für jeden einen Heilsplan hat und dass für jedem in diesem Plan eine heilbringende Aufgabe vorgesehen ist. Jedes Ungeborene Kind träg ein großes Geheimnis in sich. Beten wir, dass die Eltern der Kinder ihnen das Leben schenken, damit sie ihre Aufgabe im Heilsplan Gottes eines Tages erfüllen können.

Wer ein Kind großzieht, hilft ihm, ein Helfer Gottes, ja Miterlöser zu werden. Allzuviele Menschen wissen das heute nicht mehr. Sie kennen weder die Pläne, die Gott mit ihnen hat, noch die, die er für ihre Kinder hat. Sie sind sich nicht bewusst, dass sie eine imense Verantwortung hinsichtlich der Ewigkeit und dem Gesamtheil der Menschheit haben.

Danken wir Maria und Elisabeth, dass sie JA gesagt haben zu ihren Kindern, zu den Plänen Gottes. Danken wir ihnen, weil sie sich ganz für seine Pläne verwenden ließen. Und vergessen wir nicht: Jedesmal, wenn wir Maria begegnen, stehen wir der Mutter unseres Herrn gegenüber. Und wer sind wir, dass wir dazu würdig sind? Bedrückt müssen wir zugeben, dass wir die sind, die ihren Sohn durch unsere Sünden geschmäht, gegeißelt, gekreuzigt und letztendlich getötet haben. Also, wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?