Statue der Gottesmutter
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150 Jahre Vorauer Marienschwestern (30.05.2015)

Es ist kaum vorstellbar, dass sich auf den Tag genau vor 150 Jahren eine angesehene junge Bauerntochter auf den Weg gemacht hat, um ein großes Werk zu beginnen, zu dem sie sich von Gott gerufen wusste. Viele Mädchen und Frauen haben in diesen Jahren ebenso den Ruf Gottes in sich wahrgenommen und sind der Gründerin Barbara Sicharter gleich in die von ihr gegründete Gemeinschaft der Vorauer Marienschwestern eingetreten.

Vieles hat sich seit den Anfängen dem Wandel der Zeit angepasst. Gott aber ist treu und führt uns den Weg, den er mit Mutter Barbara begonnen hatte. Das erfüllt uns mit großer Dankbarkeit, die wir auch in der heutigen Festmesse zum Ausdruck brachten. Zu diesem Dankgottesdienst durften wir zahlreiche Gäste aus Politik und Wirtschaft begrüßen. Viele Priester und Ordensleute, darunter auch unser Spiritual P. Dr. Bernhard Vosicky OCist, sowie ungezählte Freunde unserer Gemeinschaft, feierten mit uns.

Bei der Begrüßung der Ehrengäste sprach Prälat Gerhard Rechberger die „gute nachbarliche Verbundenheit zwischen den Vorauer Marienschwestern und dem Augustiner Chorherren Stift Vorau“ an, die mittlerweile seit eineinhalb Jahrhunderten besteht. Unsere Gedanken gehen deshalb auch zurück auf Karl Engelhofer, auf jenen Augustiner Chorherren, der als geistlicher Begleiter unserer Gründerin nicht nur für ein gutes geistliches Fundament gesorgt hatte, sondern auch als Wohltäter der Gemeinschaft, uns immer in dankbarer Erinnerung bleiben wird. Nicht zuletzt schulden wir Dank unserem em. Bischof Dr. Egon Kapellari, der uns als langjähriger Diözesanbischof ein treusorgender Hirte war.

Als Hauptzelebrant stand er der heutigen Eucharistiefeier vor und spannte in derPredigt den Bogen von den ersten Tagen unserer Gemeinschaft bis in unsere Tage. Die Predigt können Sie unten nachlesen, auch die Festansprache von M. Oberin Marianne Schuh gibt es zur Nachlese. Dr. Peter Wiesflecker stellte im Rahmen der Festansprachen die von ihm verfasste Festschrift vor, die Sie auf Anfrage bei uns oder im Handel erhalten können.

Für die musikalische Umrahmung der Festmesse sorgte der Musik- und Gesangsverein Vorau unter der bewährten Leitung von Dr. Peter Filzmoser, sowie das Bläserquartett Stralleck unter der Leitung von Primarius Dr. Johann Auer. Bei einer Agape im Festsaal fand der Tag einen fröhlichen und gemütlichen Ausklang.

Predigt vom Festgottesdienst zum 150-Jahrjubiläum

Em. Diözesanbischof DDr. Egon Kapellari

Liebe hier versammelte Christen, Brüder und Schwestern!

„Denke an die Tage der Vergangenheit, lerne aus den Jahren der Geschichte“, diese Mahnung des Moses an sein erwähltes Volk, steht auch als Leitwort über einem großen Jubiläum der Kongregation der Vorauer Marienschwestern. Der hier und heute aufgetragene Rückblick bezieht sich auf den Tag genau auf 150 Jahre der Geschichte dieser Gemeinschaft, der die Kirche und Zivilgesellschaft in der Steiermark besonders viel zu danken haben.

Am 30.05.1865 hat die überaus bescheidene und fromme Barbara Sicharter gemeinsam mit ihrer Freundin Agnes Wasserbauer, einen mutigen Schritt in eine damals ungewisse Zukunft hineingewagt. Sie hat damit das Fundament für die Gemeinschaft der Vorauer Marienschwestern gelegt und wurde vom Vorauer Chorherren Karl Engelhofer unterstützt und begleitet. Die Geschichte des Stiftes mit ihnen hat damit begonnen und ist bis heute fortgesetzt worden und wird sich weiter fortsetzen. So bitten wir, so hoffen wir.
Was damals im sogenannten „Tonihäusl“ und später auch im Strobl Häusl, ein ähnliches Bauwerk hier in Vorau, wie ein kleines Samenkorn begonnen hat, ist seither zu einem stattlichen Baum herangewachsen, einem stattlichen Baum der viele gute Früchte hervorgebracht hat und täglich neu hervorbringt.

Die armen und frommen Frauen rings um Barbara Sicharter wollten ihr Leben in den Dienst einer radikalen Gottes und Nächstenliebe stellen. Kurz nachdem die Gemeinschaft entstanden war, hat eine unheilbar erkranke Frau sie darum gebeten, für sie zu sorgen. Bald besuchten diese Frauen auch Kranke in ihren Häusern. Viele Menschen die bei den Schwestern Hilfe suchten und fanden, waren materiell und spirituell sehr arm. Die Vorauer Marienschwestern, die wegen ihrer Kleidung auch bald schon als blaue Schwestern bezeichnet wurden, bemühen sich seit damals Notleidenden durch einen Spitals- und Hauskrankendienst zu helfen. Ihr Handeln war dabei immer auch ein Versuch, den armen und barmherzigen Christus nachzuahmen.

Christus ist ja, wie Paulus im 2. Korintherbrief sagt, um der Menschenwillen arm geworden, um den Menschen dadurch ein neues Leben zu eröffnen.  Papst Benedikt XVI. hat seiner ersten Enzyklika den Titel „Gott ist Liebe – Deus caritas est“ gegeben und Papst Franziskus hat das Thema Barmherzigkeit zu einem der Leitworte seines Pontifikates und auch zum Leitwort des heuer beginnenden außerordentlichen Heiligen Jahres gemacht: Barmherzigkeit. Unser künftiger Diözesanbischof Wilhelm hat den Titel der genannten Enzyklika „Deus caritas est“ ins Deutsche übersetzt, in der Zeit der Volkssprache „Gott ist Liebe“ oder auch lateinisch als seinen Wahl und Wappenspruch gewählt.

Ein Tag der Freude und des Dankes

Liebe hier versammelte Christen, Brüder und Schwestern! Die Vorauer Schwestern tragen den Namen „Kongregation der Schwestern von der Unbefleckten Empfängnis Mariens“, das heißt: sie haben eine besonders marianisch geprägte Spiritualität. Maria wird in christlicher Tradition ein Mensch voll der Gnade genannt. In jedem Ave Maria Gebet ist davon die Rede, wir haben das selber schon 1000 Mal nachgesprochen, das Wort des Engels. Die Kirche macht sich hier die Worte des Erzengels Gabriel aus dem Lukasevangelium zu Eigen, der gesagt hat: „Sei gegrüßt du Gnadenvolle, der Herr ist mit dir“. In Maria hat sich ein neuer Anfang ereignet, bildhaft geredet, ein Stück Paradies inmitten der Welt. Sie hat an das Wort Gottes in der Botschaft des Engels geglaubt und dazu ein fundamentales Ja, ein Fiat, gesprochen. Dieses kleine Wort „Ja“ ist eines der kürzesten und zugleich wichtigsten Wörter unserer Sprache. Wir können damit alles aussagen, was wir sind und was wir haben. Dieses Ja war die große tragende Achse im Leben der Mutter Christi. Es hat die großen Stationen dieses Lebens verbunden. Von Nazareth bis nach Betlehem, von Kana in Galiläa bis nach Jerusalem, wo sie unter dem Kreuz Christi verharrte und wo sie ihm in Jerusalem als Auferstandenen in einem Garten begegnete und wo sie zu Pfingsten im Abendmahlssaal zusammen mit der christlichen Urgemeinde vom Heiligen Geist ergriffen wurde. Sie hat dieses Ja, dieses Fiat, – sie hat nicht Latein gesprochen, aramäisch wahrscheinlich – zu Gottes Ratschlüssen durchgehalten, auch wenn diese Ratschlüsse dunkel waren. Sie hat es durchgetragen als schmerzhafte Mutter zumal am Karfreitag. Zu anderen Zeiten war sie aber auch eine freudenreiche Mutter.

Als Evangelium des heutigen Gottesdienstes haben wir eben die Erzählung über eine Hochzeit im Dorf Kana in Galiläa gehört. Beim dortigen Festmahl war der Wein ausgegangen. Maria, die davon erfahren hatte, sagte zu Jesus, den sie kannte und auch nicht kannte, ein Geheimnis, ein unauslotbares Geheimnis schon damals: „Sie haben keinen Wein mehr“. Diese Aussage wurde und wird seither in der Geschichte der Kirche, aber auch der ganzen Menschheit, immer wieder mit anderen Worten oder mit gleichen Worten aktuell, wenn es nicht bloß um einen Mangel an Wein, einem Grundnahrungsmittel, sondern um einen Mangel an Sinn, einem Mangel an Lebensenergie, an einer Perspektive, die die Zukunft weist, geht. Jesus hat wie das Evangelium erzählt, die Not in Kanaan gewendet. Notwendend war er gewesen und sein erstes Wunder, ein verwandelndes Wunder, hat er dort vollbracht. Das Johannesevangelium erzählt sechs Wunder, manche Deuter, symbolerkennend, wollen daraus ableiten, dass das siebente Wunder die Auferstehung war. Aber das ist nicht notwendig, das so zu fassen, aber sehr plausibel. Generaldiagnostisch gilt bezogen auf die ganze Zivilgesellschaft weltweit und auch die Kirche weltweit und auch in unserem Land, immer wieder die Ansage: „Sie haben keinen Wein mehr“.

Im Eingangslied einer bekannten Schubertmesse singen wir: „Wohin soll ich mich wenden wenn Not und Gram mich drücken“. Das Lied nennt dann auch gleich Gott als den, der Not wenden kann. Weltweit sind die Kirche und die Christenheit im Ganzen, freilich ohne jeden Monopolanspruch, auch heute so etwas wie eine Großmacht der Barmherzigkeit, in ihrer Zuwendung zu unzähligen Kranken an Leib und Seele. Ich nenne hier nur Beispielsweise Welthorizont. Die Erkrankung an Lepra und an Aids. In der Zuwendung auch zu Hungernden und zu Flüchtlingen. Wir tun immer zu wenig, aber wir tun nicht nichts als Christenheit. Wir tun uns nicht vergleichen, arrogant und eitel, aber wir wollen uns nicht dabei verstecken. Zuwendung zu Hungernden und Flüchtlingen und auch in der Bereitschaft weg- und sinnsuchenden Menschen, auch Gottsuchern und Zweiflern, vor schwierigen Lebensschwellen zu helfen. So geben die Christenheit im Ganzen und die Katholische Kirche unzähligen Menschen die eine helfende Hand oder ein Herz wie eine Heimat suchen, eine solche Heimat, obwohl auch die Kirche und die Christenheit von der allgemeinen Labilität der Gesellschaft sehr mitbetroffen sind. Inmitten dieses globalen und kontinentalen Panoramas, sind das Krankenhaus und das Kloster der Vorauer Marienschwestern und die Gemeinschaft dieser Schwestern mit allen, die ihnen dabei helfen, so etwas wie ein erfrischendes Biotop. Viel Herzkraft verbindet sich hier, mit viel Kraft des Denkens und mit viel angewandter praktischer Vernunft. Für all das möchte ich, als bis vor kurzem diese Diözese leitender Bischof, heute herzlich danken.

Ein Dank den Schwestern, den Ärzten, allen andern im Kranken- und Pflegedienst hier tätigen Frauen und Männern, besonders auch den Damen und Herren, die in Politik und Medien tätig, den Vorauer Marienkrankenhaus solidarisch verbunden waren oder heute solidarisch hilfreich sind. Über all das hinaus gilt mein Dank aber dem Dreieinigen Gott, der den Schwestern in den 150 Jahren des Bestehens ihrer Gemeinschaft unter dem Schutz Mariens, der Mater misericordiae, Mutter der Barmherzigkeit, immer neue Kraft zur Erfüllung ihres Auftrags gegeben hat. Ich freue mich auch hier anmerken zu können, dass ihre Gemeinschaft mit neuen Berufungen gesegnet ist. Und das ist auch ein Grund zur Freude, ich freue mich da mit. Auch die anderen Gemeinschaften, die derzeit diese Berufungen nicht haben, freuen sich mit, wir sitzen alle auf einem Schiff. Dieser Dank verbindet sich mit der Bitte, es möge auch in Zukunft so sein, eine Bitte an Gott, die zugleich ein inständiges Gebet ist. Amen